Meinung

Steinmeier und die Mullahs

Die Teheran-Ausstellung in Berlin ist gescheitert – und mit ihr die Iran-Politik des deutschen Außenministers

von Philipp Peyman Engel  02.01.2017 18:50 Uhr

Philipp Peyman Engel Foto: Chris Hartung

Die Teheran-Ausstellung in Berlin ist gescheitert – und mit ihr die Iran-Politik des deutschen Außenministers

von Philipp Peyman Engel  02.01.2017 18:50 Uhr

Es sollte die wichtigste Ausstellung des Jahres werden. Ein spektakuläres künstlerisches Projekt, gleichzeitig aber auch ein Signal der politischen Öffnung des Iran. Unter dem Titel »Teheran-Sammlung« sollten ab vergangener Woche in Berlin 60 Schlüsselwerke der Moderne aus dem Besitz des Schahs erstmals wieder öffentlich gezeigt werden, nachdem sie rund 40 Jahre ungesehen im Keller des Museums für Zeitgenössische Kunst in Teheran gelagert hatten.

tauwetter Maßgeblich vorangetrieben hatte die Schau Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Bei der Unterzeichnung der Verträge 2015 in Teheran lobte er die Ausstellung als Symbol des politischen Tauwetters im Iran. Seit der Islamischen Revolution 1979 halten die Mullahs die auf drei Milliarden Dollar geschätzte Sammlung unter Verschluss.

Jetzt wurde bekannt, dass die geplante Ausstellung grandios gescheitert ist. Trotz wiederholter Zusagen des Regimes verweigerte Irans Präsident Hassan Rohani die Ausfuhrgenehmigung für die Kunstwerke. Kleinlaut heißt es im Auswärtigen Amt, dass man den Dialog mit dem Iran aber weiterhin fördern wolle.

kultur Nun ist es grundsätzlich richtig und notwendig, die Kultur als Instrument der Außenpolitik auch und gerade im Umgang mit diktatorischen Staaten zu begreifen. Doch dazu braucht es beim Gegenüber zumindest ein Mindestmaß an Dialogbereitschaft.

Der im Westen als gemäßigt geltende Rohani indes ist und bleibt ein Hardliner von Ayatollah Chameneis Gnaden. Nach Unterzeichnung der Ausstellungsverträge etwa organisierte die Regierung ganz ungeniert einen Schoa-Karikaturenwettbewerb. Die Preise für die »besten« Werke verlieh Majid Mollanoroozi, Direktor des Teheraner Museums. Einige Wochen zuvor testete der Iran Raketen mit der Aufschrift »Israel muss ausradiert werden«. Von Irans Unterstützung für Assad in Syrien ganz zu schweigen.

propaganda Die abgesagte Schau zeigt wieder einmal: Das iranische Regime spielt ein perfides Spiel mit dem Westen. Erst ködert es mit liberalen Aushängeschildern, anschließend teilt es tüchtig Ohrfeigen aus, um den Sieg im Innern öffentlichkeitswirksam zu feiern.

Außenminister Steinmeier muss sich vorwerfen lassen, genau das nicht erkannt zu haben. Dass der Iran weiterhin eine Öffnung blockiert, hätte er – siehe oben – von Anfang an wissen können, ja, wissen müssen. Sein Vorpreschen in Sachen Ausstellung war entweder naiv oder politisch fahrlässig. Beides sind nicht gerade die besten Eigenschaften für einen Außenminister, geschweige denn für einen Bundespräsidenten.

Berlin

Weltweiter Antisemitismus alarmiert Bundesbeauftragten Klein

Negative Stereotype über Juden sind einer Befragung zufolge weltweit so verbreitet wie nie

 15.01.2025

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Berlin

Vereinigung fordert Ausschluss der AfD bei Holocaust-Gedenken

Die demokratische Einladungspraxis, alle im Parlament vertretenen Parteien einzubeziehen, sei für die NS-Opfer und ihre Nachkommen und für viele demokratische Bürger nicht mehr tragbar

 14.01.2025

New York

46 Prozent aller Erwachsenen auf der Welt haben antisemitische Ansichten

Die Anti-Defamation League hat 58.000 Menschen in 103 Ländern befragt

 14.01.2025

NRW

NRW-Leitlinien für zeitgemäßes Bild des Judentums in der Schule

Mit Büchern gegen Antisemitismus: NRW-Bildungsministerin Feller hat zwölf Leitlinien für die Darstellung des Judentums in der Schule vorgestellt. Denn Bildungsmedien seien ein Schlüssel zur Vermittlung von Werten

von Raphael Schlimbach  14.01.2025

Faktencheck

Hitler war kein Kommunist

AfD-Chefin Weidel bezeichnet den nationalsozialistischen Diktator als »Kommunisten«. Diese These wird von wissenschaftlicher Seite abgelehnt

 14.01.2025

Berlin

Wegen Gaza-Krieg: Syrer beschädigt erneut Gebäude im Regierungsviertel

Erst das Innenministerium, dann der Amtssitz des Bundeskanzlers: Zweimal binnen weniger Tage fasst die Polizei in Berlin einen Mann, der wegen des Gaza-Kriegs wütet

 14.01.2025

Studie

Frauen und jüdischer Widerstand bei Schulnamen unterrepräsentiert

Welche Persönlichkeiten prägen die Namen deutscher Schulen? Eine Studie zeigt: Pädagogen spielen eine große Rolle. Frauen und Juden eher weniger

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025