Frank-Walter Steinmeier hat auf die Kritik an einem Glückwunschtelegramm zum iranischen Nationalfeiertag reagiert, die unter anderem vom Zentralrat der Juden geübt wurde. Steinmeier sprach am Dienstag beim sechsten Forum Bellevue zum Dialog der Religionen in Berlin. Viele kritische Fragen hätten ihn nach diesem Telegramm erreicht: wie man nur »einem autoritären Regime, das im Namen der Religion Menschenrechte mit Füßen tritt und immer wieder das Existenzrecht Israels angreift«, gratulieren könne.
Steinmeier betonte, er verstehe diese Frage sehr gut. »Sie hat mich im Fall des Iran buchstäblich über Jahrzehnte meines politischen Wirkens begleitet.« Besonders habe ihn stets umgetrieben, dass »die Gefahr für die Region, und gerade für Israel, ungleich größer wäre, hätte der Iran Atomwaffen«. Das sei in seiner Zeit als Außenminister der Hauptantrieb gewesen, mit dem Iran 2015 ein Atomabkommen abzuschließen.
MENSCHENRECHTE Der Zentralrat der Juden begrüßte die Reaktion Steinmeiers auf die Kritik. »Es ist sehr erfreulich, dass der Bundespräsident die verheerende Menschenrechtslage im Iran und die Bedrohung der Region durch den Iran jetzt deutlich artikuliert hat«, erklärte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats, der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Besonders betonte Schuster, dass Steinmeier »ausdrücklich und zu Recht die Gefährdung Israels durch den Iran in den Blick genommen« hat.
»Eine Sorge hat mich besonders umgetrieben: Dass die Gefahr für die Region, und gerade für Israel, ungleich größer wäre, hätte der Iran Atomwaffen«, sagte Steinmeier.
Schuster und Steinmeier hatten am Montag telefoniert, nachdem sich der Zentralrat kritisch über sein Telegramm geäußert hatte. Zu der Debatte sagte Schuster nun: »Die Debatte über das Glückwunsch-Telegramm an den Iran sollte dazu führen, diplomatische Gepflogenheiten mitunter kritisch zu hinterfragen.«
VERTEIDIGUNG Auf dem Forum Bellevue, das unter dem Titel »Alles Glaubenssache« stattfindet, verteidigte Steinmeier sein Telegramm: Wenn man gehört werden wolle, sei es nötig, »den Gesprächsfaden nie völlig abreißen zu lassen«. Diese Erkenntnis spiegele sich in so mancher diplomatischen Gepflogenheit wider – »zum Beispiel der, dass sich Staaten, die miteinander in diplomatischen Beziehungen stehen, zum jeweiligen Nationalfeiertag ein höflich formuliertes Glückwunschschreiben übermitteln«.
»Es ist sehr erfreulich, dass der Bundespräsident die verheerende Menschenrechtslage im Iran und die Bedrohung der Region durch den Iran jetzt deutlich artikuliert hat«, erklärte Schuster.
Das seien politische Signale. »Und dieses Signal steht – wie heute im Fall Iran – neben vielfältigen Kanälen und Formaten, in denen Kritik geübt wird oder sogar Sanktionen beschlossen werden«, so Steinmeier. »Auch ich werde weiterhin Kritik üben.«
Steinmeier erinnerte daran, dass er zum zweiten Forum Bellevue den Schriftsteller Salman Rushdie eingeladen hatte – »jenen Salman Rushdie, gegen den das iranische Regime wegen angeblicher Blasphemie vor 30 Jahren seine Mordkampagne gestartet hat«. ja (mit dpa und epd)