Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Jüdinnen und Juden in Deutschland angesichts wachsender Bedrohungen und antisemitischer Anfeindungen Schutz und Solidarität zugesagt. »Auch für die deutschen Juden ist der heutige Freitag ein Tag der Angst«, sagte Steinmeier am Freitag bei einem Besuch der Synagoge am Berliner Fraenkelufer. »Deshalb ist mein Platz heute unter Ihnen«, so der Bundespräsident.
Zuvor hatte Steinmeier vor dem Hintergrund des Angriffs der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel etwa eine halbe Stunde im vertraulichen Kreis mit Mitgliedern und Freunden der jüdischen Gemeinde gesprochen.
Vor einer Woche habe der Terror begonnen, Nachrichten und Bilder seien kaum auszuhalten, so Steinmeier weiter. »Wir ringen darum, Ereignisse zu begreifen und sind gefordert Konsequenzen zu ziehen.« Der Holocaust habe Deutschland eine nie endende Verpflichtung auferlegt, jüdisches Leben zu schützen. »Nur wenn sie in Frieden leben, nur dann kann unser ganzes Land in Frieden leben«, betonte der Bundespräsident.
Terror-Unterstützer zur Rechenschaft gezogen
So sei der Schutz der jüdischen Einrichtungen in den vergangenen Tagen verstärkt worden. Zugleich würden jene zur Rechenschaft gezogen, die auf den Straßen den Terror guthießen. Es werde der Kampf gegen die Hamas forciert sowie ihr Tarnorganisationen verboten. »Wer dauerhaft in Deutschland leben will, muss Auschwitz kennen und begreifen, der muss wissen, dass Antisemitismus und Judenhass keine Meinung ist, sondern eine menschenverachtende Straftat«, erklärte Steinmeier.
Im Vorraum der Synagoge waren Suchplakate von Menschen ausgelegt, die seit dem Angriff der Hamas vermisst sind, darunter Frauen, Familien, Senioren und kleine Kinder. Über 200 Menschen seien von der Hamas in den Gazastreifem verschleppt worden, hieß es. Ihr Verbleib und ihr Schicksal ist unbekannt. Auf den Suchplakaten steht »Entführt von der Hamas«. Dazu der Aufruf »Macht ein Foto von diesem Plakat und teilt es! Wir müssen alle sicher nach Hause bringen!«
Die Synagoge am Fraenkelufer im Berliner Stadtteil Kreuzberg stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert. Sie bot Platz für 2000 Personen und war eine der größten Synagogen der Stadt. Nach Zerstörungen durch die Novemberpogrome der Nazis und Kriegsschäden im Zweiten Weltkrieg dient heute das erhaltene Nebengebäude als Synagoge.
Ein Verein plant seit einigen Jahren den Wiederaufbau der Synagoge. Die Gemeinde legt nach eigenen Angaben einen Schwerpunkt auf Integration und interkulturelle Verständigung. kna