Viele von uns werden das in den vergangenen Wochen erlebt haben: Besorgte Verwandte oder Freunde aus dem Ausland rufen an und fragen, was in Deutschland los ist. Und erschüttert mussten wir feststellen: Wir haben uns diese Frage auch gestellt. Als die schrecklichen, hasserfüllten Parolen gegen Juden gebrüllt wurden, waren wir schockiert. Gab es nicht seit Jahrzehnten den Konsens des »Nie wieder«?
Verunsicherung, Sorge und vor allem Fragen blieben: Wo ist die große Solidaritätsbekundung, die sich mutig gegen diesen Antisemitismus stellt? Glücklicherweise gab es einige Pro-Israel-Kundgebungen, die auch auf das Problem des neu ausgebrochenen Antisemitismus aufmerksam machten. Jede dieser Initiativen hat unsere Anerkennung und Wertschätzung.
Antisemitismus Wir Juden stehen nun einmal zu Israel. Wenn aber auf deutschen Straßen Juden als »Schweine« beschimpft werden, dass sie »ins Gas« gehen sollen, dann hat das mit Israel gar nichts mehr zu tun. Nein, das ist der widerwärtigste Antisemitismus pur. Daran gibt es nichts zu verharmlosen – das bleibt absolut unentschuldbar! Dass in dieser Stimmung auch Synagogen angegriffen, jüdische Menschen bedroht wurden, passt in das trübe Bild. All das wollen wir nicht länger hinnehmen! Es reicht!
Wir wollen und wir müssen ein deutliches Zeichen setzen gegen Antisemitismus! Denn unseren Mut und unsere Zuversicht haben wir nicht verloren! Deshalb rufen wir für den 14. September zur großen Kundgebung gegen Antisemitismus am Brandenburger Tor auf! Wir sind froh, dass es uns gelungen ist, die Bundeskanzlerin als Rednerin dafür zu gewinnen. Gemeinsam wollen wir die deutliche Botschaft senden: Wir stellen uns Hass und Gewalt entgegen. Ich appelliere hiermit an alle, sich uns anzuschließen: »Steh auf! Nie wieder Judenhass!« Am 14. September soll diese Botschaft jeder im Land verstehen.
Der Autor ist Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.