Gleis 17

Starke Geste

Stilles Gedenken: Israels Staatspräsident Reuven Rivlin und Botschafter Yakov Hadas-Handelsman (v.l.) Foto: dpa

Es sind genau die Momente, die in keinem Protokoll vorgesehen sind und einer Zeremonie die besondere Würde verleihen: Der Kranz war niedergelegt, alle Reden gehalten, und eigentlich wollte Israels Staatspräsident Reuven Rivlin gerade wieder ins Auto steigen, da macht ihn Botschafter Yakov Hadas-Handelsman noch auf eine ältere Dame aufmerksam, die sich unter der kleinen Gruppe der Ehrengäste befindet.

Margot Friedländer, Jahrgang 1921 und eine Überlebende der Schoa, wurde 1944 wie 55.000 weitere Juden aus Berlin genau von diesem Bahnhof aus in eines der Konzentrationslager im Osten verschleppt.

Sofort macht Rivlin kehrt und geht in Begleitung des Diplomaten zu ihr, lässt sich ihre Geschichte erzählen. Er unterhält sich mit Friedländer eine ganze Weile, während die Protokollführer schon anfangen, nervös auf die Uhr zu blicken. Sichtlich berührt, ergreift er danach beide Hände der Frau und nennt sie eine »Heldin«.

schicksal
Auch für Manfred Friedländer, einen gleichnamigen älteren Herrn, der nicht mit Margot verwandt ist, aber ihr Schicksal als Überlebender teilt, nimmt sich Rivlin noch Zeit, fragt ihn nach seinem Leben und hört ihm ebenfalls aufmerksam zu, bevor es weiter zum nächsten Programmpunkt geht.

In Berlin-Grunewald kann man erfahren, warum Rivlin von politischen Gegnern und Freunden in Israel gleichermaßen respektiert und geachtet wird. Ohne Pathos und in der ihm eigenen, sehr direkten Art findet er an diesem »Gleis des Todes« die richtigen Worte, erinnert an die Schrecken der Vergangenheit und die Lügen der Deutschen, die in unmittelbarer Nachbarschaft des Bahnhofs lebten und nach 1945 behaupteten, von dem Geschehen nichts mitbekommen oder gar gewusst zu haben. »Nur die Steine hier an den Gleisen waren die Zeugen.«

Zugleich brachte Rivlin sein Entsetzen darüber zum Ausdruck, dass 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges Antisemitismus und Rassismus wieder um sich greifen können und rechtsextreme Gruppierungen in ganz Europa an Zulauf gewinnen. »Offensichtlich sind auch Demokratien nicht immun gegen solche Entwicklungen.«

schweigeminute Im Anschluss an seine Rede wurde eine Kerze im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus angezündet und von allen Anwesenden die israelische Nationalhymne gesungen. Zudem gab es eine Schweigeminute, die nur vom Geratter der vorbeifahrenden Züge unterbrochen wurde.

Für viele der Anwesenden war Rivlins Besuch am »Gleis 17« ein bewegendes Erlebnis. »Es ist schon ein ganz besonderer und symbolischer Moment, wenn der Präsident des jüdischen Staates genau an dem Ort erscheint, wo vor über 70 Jahren noch Juden abtransportiert und in den Tod geschickt wurden«, bringt es stellvertretend für viele Serge Tcherniak vom Keren Hayesod Deutschland auf den Punkt.

Vom S-Bahnhof Grunewald aus fuhren von Herbst 1941 bis Frühjahr 1942 Deportationszüge mit Berliner Jüdinnen und Juden in den Osten. Seit 1998 erinnert das Denkmal »Gleis 17« an die Transporte der Deutschen Reichsbahn.

Berlin

Prozess gegen Teilnehmer israelfeindlicher Uni-Besetzung eingestellt

Die Aktion an der Humboldt Universität bleibt auch wegen der dort verbreiteten Pro-Terror-Propaganda in Erinnerung

 20.11.2024

Meinung

Jung, jüdisch, widerständig

Seit dem 7. Oktober 2023 müssen sich junge Jüdinnen und Juden gegen eine Welle des Antisemitismus verteidigen

von Joshua Schultheis  20.11.2024

USA

Trump nominiert Juden für das Handelsministerium

Howard Lutnick ist Chef des New Yorker Finanzunternehmens Cantor Fitzgerald

von Andrej Sokolow  20.11.2024

Wien

IAEA: Iran will Uran-Produktion beschränken

Dabei hat das Mullah-Regime seinen Uran-Vorrat zuvor massiv aufgestockt

 20.11.2024

Debatte

Jüdische Gemeinde zu Berlin stimmt Aussagen von Polizeipräsidentin zu

Barbara Slowik sagt, dass Juden und Homosexuelle in manchen Teilen der Hauptstadt nicht sicher seien. Zustimmung kommt von der Jüdischen Gemeinde - auch dafür, dass Urheber von Gewalt endlich einmal klar benannt werden

von Stefan Meetschen  19.11.2024

Bayern

»Wir brauchen eine klare Haltung«

Zentralratspräsident Josef Schuster hat heute Abend in Würzburg die Ehrendoktorwürde seiner Alma Mater erhalten. Hier dokumentieren wir seine Dankesrede an der Julius-Maximilians-Universität im Wortlaut

 19.11.2024

Europäische Rabbinerkonferenz

Rabbiner beunruhigt über Papst-Worte zu Völkermord-Untersuchung

Sie sprechen von »heimlicher Propaganda«, um Verantwortung auf die Opfer zu verlagern: Die Europäische Rabbinerkonferenz kritisiert Völkermord-Vorwürfe gegen Israel scharf. Und blickt auch auf jüngste Papst-Äußerungen

von Leticia Witte  19.11.2024

Hetzjagd auf israelische Fans

Comedian witzelt über Gewalt gegen Juden

Benaissa Lamroubal nennt auf Social Media die Ereignisse von Amsterdam eine »great experience« und wird dafür von seinen Fans gefeiert

von Ralf Balke  19.11.2024

Medien

Ausweitung der Kampfzone

Die israelfeindlichen Täter haben die »NZZ« ganz bewusst zum Abschuss freigegeben. Ein Kommentar

von Nicole Dreyfus  19.11.2024