Judenfeindliche, rassistische und behindertenfeindliche Straftaten auf oder am Rande des Fußballplatzes sollen in Bayern künftig konsequenter erfasst und den Ermittlungsbehörden angezeigt werden. Das sieht eine Vereinbarung vor, die am Donnerstag zwischen der Generalstaatsanwaltschaft München und dem Bayerischen Fußball-Verband (BFV) unterzeichnet wurde.
Ziel sei es, den Opfern von Hass und Gewalt im Spielbetrieb und im Umfeld die Last abzunehmen, selbst Anzeige zu erstatten, erklärte Münchens Generalstaatsanwalt Reinhard Röttle. »Minderheiten in unserer Rechtsgemeinschaft bedürfen des besonderen Schutzes aller staatlichen Organe. Bei diskriminierenden Straftaten im Rahmen eines Fußballspiels darf die Last einer Strafanzeige nicht beim Geschädigten liegen«, so Röttle.
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) zufolge wurden in der Saison 2022/23 im Freistaat 315 Fälle von Gewalt und 196 Diskriminierungen bei Fußballspielen gemeldet. 87 Partien mussten vorzeitig beendet werden. Es wird aber von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen.
Christoph Kern, Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes, forderte, dass Sportplätze kein rechtsfreien Räume sein dürften. »Wer sich bei uns menschenverachtend benimmt, hat keinen Platz in unserer Fußballfamilie. Deswegen ist es nur konsequent, dass wir im Rahmen unserer neuen Kooperation jetzt auf direktem Wege die Justiz einschalten.«
Zu den Tatbeständen, die von den Vereinen erfasst und nach München gemeldet werden sollen, gehören den Vertragspartnern zufolge »besonders schwere Fälle von Unsportlichkeit«, einschließlich herabwürdigender Äußerungen oder Handlungen gegen Menschen in Bezug auf deren Hautfarbe, Religion, Nationalität, Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder eine Behinderung.
Schiedsrichter melden Vorfälle an Verband
Die Schiedsrichter sind künftig angehalten, etwaige Vorfälle auf dem Spielfeld oder im Stadion direkt dem BFV mitzuteilen. Eintragungen könnten alle am Spiel Beteiligten veranlassen, und auch direkte Meldungen an die BFV-Sportgerichte seien möglich, so die Vertragspartner in einer am Donnerstag verschickten Pressemitteilung.
Der zuständige BFV-Vizepräsident leite die Meldungen dann nach Rücksprache mit der Generalstaatsanwaltschaft München und dem dort angesiedelten Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Justiz, Andreas Franck, an die zuständigen Staatsanwaltschaften weiter oder ermittle – bei besonders schweren Vorkommnissen - selbst.
Laut Eisenreich ist die Kooperation deutschlandweit bislang einmalig. Im Bayerischen Fußballverband sind knapp 4500 Vereine (unter ihnen die Bundesligisten FC Bayern München und FC Augsburg) mit insgesamt rund 1,6 Millionen Mitgliedern organisiert. mth