Israel

Sorge nach Lausanne

US-Außenminister John Kerry, sein iranischer Kollege Javad Zarif und EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am 2. April in Lausanne Foto: Reuters

Es ist nicht leicht in diesen Tagen, sich als gewöhnlicher Israeli ein klares Bild von dem Atom-Deal mit dem Iran zu machen und vor allem die Frage zu beantworten, was er für Israel bedeutet.

Fast zwei Wochen nach Veröffentlichung der Eckpunkte, die die P5+1-Staaten mit dem Iran in Lausanne hinsichtlich des iranischen Atomprogramms vereinbart haben, erleben zumindest jene, die dem Abkommen eine Chance geben wollen, ein Wechselbad der Gefühle.

warnung Während Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor der »sehr schlechten Abmachung« warnt, die unbedingt verhindert werden müsse, kommt der frühere General Amos Jadlin, Direktor des Instituts für nationale Sicherheitsstrategien (INSS), zu dem Schluss, dass der »Kompromiss« auch sein Gutes enthalte, etwa ein »beispielloses Inspektionsregime« der iranischen Nuklearanlagen.

Wie sehr die Dinge in Bewegung sind, zeigte sich zu Wochenbeginn. »Raketen für Öl«, »Die Rakete, die der israelischen Armee Angst macht«, »Domino-Effekt: Russland liefert Iran Luftabwehrrakete« titelten israelische Zeitungen am Dienstag. Die Nachricht, dass Moskau die Lieferung von S-300-Waffen an Teheran wieder aufnehmen will, die 2010 wegen der gegen den Iran verhängten Sanktionen eingefroren worden war, ist Wasser auf die Mühlen der Warner. »Vor unseren Augen entsteht eine absurde Realität«, sagte Netanjahu am Montag bei der Eröffnung einer Polizeischule in Beit Schemesch. »Der Schlüssel zu unserem Schicksal und der Zukunft des Nahen Ostens könnte dem fanatischen iranischen Regime überantwortet werden.«

russland Mit der russischen Waffenlieferung deutet sich an, was viele befürchten: dass das internationale Sanktionsregime gegen den Iran bröckelt, bevor überhaupt das endgültige Abkommen unterzeichnet ist, was bis zum 30. Juni geschehen soll. »Nichts ist vereinbart, bis alles vereinbart ist«, steht in der englischsprachigen Fassung der Lausanner Eckpunkte – ein Satz, der ihre Vorläufigkeit unterstreicht.

Hinzu kommt, dass sogar unterschiedliche Versionen der Vereinbarung existieren. Der Journalist Alon Ben David bemerkte in der Zeitung Maariv, dass die Iraner nur 512 Wörter benötigten, während das Papier des US-Außenministeriums 1318 Wörter umfasse: »Die persischsprachige Fassung ist sehr vage gehalten.« Und schon die Frage, ob der Iran bereit ist, Israel anzuerkennen, ist nicht beantwortet.

Nach dem vierseitigen Papier auf Englisch darf dem Iran nur noch schwach angereichertes Uran in geringen Mengen behalten und muss den Großteil seiner Zentrifugen abbauen, wobei er nur die erste Generation für Urananreicherung auf niedrigem Niveau verwenden kann. Die internationalen Inspektoren sollen »regelmäßigen Zugang zu allen Nuklearanlagen Irans« erhalten. Teheran würde damit »mindestens ein Jahr« benötigen, bis es genügend Material für eine Atombombe besitzt, und das »über einen mindestens zehnjährigen Zeitraum«. Derzeit seien das »zwei bis drei Monate«.

schwachstelle Die meisten israelischen Kommentatoren sind sich mit Netanjahu einig, dass der Iran mit dem Abkommen als »nuklearer Schwellenstaat anerkannt« wird. Nach Aufhebung der Sanktionen verfüge das Regime über noch mehr Geld, um Terrorgruppen wie Hisbollah und Hamas zu finanzieren.

Diesen Punkt sieht auch INSS-Direktor Jadlin als Schwachstelle des Abkommens. Da nützt es wenig, dass in dem Papier ausdrücklich steht, die Sanktionen, die die USA gegen den Iran wegen seiner Terrorunterstützung, Menschenrechtsverletzungen und ballistischer Raketen verhängt haben, blieben bestehen. Die Sorge, dass sich eine neue strategische Achse Washington–Teheran bildet, ist in Israel groß.

Verteidigungsminister Mosche Yaalon, Sicherheitsminister Yuval Steinitz und selbst Oppositionsführer Isaac Herzog haben keinen Zweifel gelassen, dass die militärische Option für Israel weiterhin auf dem Tisch liegt. Herzog und die frühere Außenministerin Zipi Livni von der Zionistischen Union legten am Sonntag Empfehlungen vor, wie Israel die verbleibenden drei Monate nutzen sollte, um seine Sicherheit zu gewährleisten: Israel brauche einen »amerikanischen Schutzschirm«, um bei iranischen Verstößen gegen das Abkommen »unbegrenzt agieren« zu können.

USA

Hitlergruß: Nach Musk nun Bannon?

Steve Bannon, einst Chefideologe von Donald Trump, hat bei einer Rede vor rechten Aktivisten eine umstrittene Geste gezeigt

von Michael Thaidigsmann  21.02.2025

Berlin

»Welt«-Gruppe gedenkt der Bibas-Familie

»All jene, die in Deutschland den Islamismus verharmlosen oder relativieren, sollten in die Gesichter der Bibas Kinder sehen«, betont »Welt«-Chefredakteur Jan Philipp Burgard

 21.02.2025

Interview

Haben Sie genug für Israel und für Juden in Deutschland getan, Herr Bundeskanzler?

Olaf Scholz (SPD) über die deutsche Staatsräson, seine Grünen-Koalitionspartner und die Bilanz der Ampel-Regierung bei jüdischen Themen

von Mascha Malburg, Philipp Peyman Engel  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Demoskopie

Abstimmung gegen Antisemitismus?

So wahlentscheidend sind jüdische Themen

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Berlin

KZ-Gedenkstätten: Wählen gehen für die Demokratie

Rutscht die Gesellschaft weiter nach Rechts? Die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten sieht die Bundestagswahl als Chance, diesen Trend zu stoppen

 20.02.2025

Igor Mitchnik

Europa muss sich hinter die Ukraine stellen

Trump denkt nicht transatlantisch, sondern transaktional

von Igor Mitchnik  20.02.2025

WHO

Polio-Impfkampagne im Gazastreifen geht weiter

Weil das Poliovirus wieder in Abwasserproben nachgewiesen wurde, sollen in Gaza erneut etliche Mädchen und Jungen gegen Kinderlähmung geimpft werden. Start der Kampagne ist bereits in wenigen Tagen.

 19.02.2025