Es war ein symbolträchtiger Besuch. Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel mit fast ihrem gesamten Kabinett zu den fünften Regierungskonsultationen angereist war, wurde ihr in Israel hoch angerechnet. Die vielen Minister beider Regierungen machten sich gut auf dem Gruppenbild. In der Mitte lächelten Merkel und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu um die Wette.
Netanjahu sprach von einer außergewöhnlichen Verbindung, »die aus Tragödie und Hoffnung entstanden ist«, sowie von einer großartigen Freundschaft und Kooperation. Ziel dieser jährlichen Treffen sei es, die enge Verbindung beider Länder noch zu intensivieren. »Der Besuch mit beinahe dem kompletten Kabinett ist eine Demonstration der Stärke und Wärme unserer Verbindung«, betonte er.
Streitthema Merkel bemühte sich redlich, die Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern voranzutreiben, und hatte nur Lob für die Initiative des US-Außenministers John Kerry. Deutschland unterstütze die Bemühungen um eine Zweistaatenlösung. Auf die Frage, ob die Siedlungspolitik nicht ständiges Streitthema sei, das die Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem sehr belaste, antwortete Merkel: »Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind.« Man sei besorgt über die Siedlungen, hieß es später auf der Pressekonferenz. »Wir stimmen in dieser Angelegenheit nicht immer überein, und ich hoffe, dass wir diese Schwierigkeiten überwinden können und sie keine Hürde für eine Zweistaatenlösung darstellen.«
Netanjahus Sorge, dass sich der Iran, trotz schöner Worte, in keiner Weise geändert habe und weiter an Atomwaffen arbeite, nimmt die deutsche Regierung ernst. Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte in einem Artikel in der Zeitung Yedioth Ahronoth, dass es keinen Iran mit Nuklearwaffen geben dürfe. Auch die Kanzlerin hatte sich nach dem ersten Abendessen mit Netanjahu geäußert: Zwar gebe es Meinungsverschiedenheiten, doch sie plädiere dafür, den Versuch eines Dialogs zu wagen. »Wir müssen aber politisch dafür sorgen, dass der Iran liefert.«
konsulardienste Neben Diplomatie auf höchster Ebene ging es auch um Praktisches für die Bevölkerung. Die Regierungen unterschrieben sechs Abkommen, unter anderem eine Vereinbarung zur diplomatischen Vertretung: Deutschland soll in Ländern, in denen Israel keine Botschaft unterhält, für Israelis vor Ort Konsulardienste anbieten. »Ich finde es wirklich bemerkenswert«, so die Kanzlerin, »dass uns 50 Jahre nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen dieses Vertrauen entgegengebracht wird«.
Auch werden zukünftig im Rahmen der »Working Holidays« Deutsche und Israelis im Alter zwischen 18 und 30 Jahren im jeweils anderen Land für ein Jahr arbeiten können. Merkel freut sich darauf, »dass junge Israelis von diesem Angebot Gebrauch machen«. Wissenschafts- und Forschungsprojekte sollen vertieft und gemeinsames Know-how für Bewässerungsprojekte in Dritte-Welt-Ländern genutzt werden.
ghetto-renten Auch die Renten der Ghetto-Arbeiter waren Thema. »Wir müssen uns an die Vergangenheit erinnern, und daher ist es sehr wichtig, zu betonen, dass wir eine schnelle Lösung für das Problem der Ghetto-Renten finden wollen. Diese älteren Menschen haben schon so lange gewartet«, hob Merkel hervor.
Die Regierungskonsultationen seien auch dazu da, dass sich die Menschen beider Länder besser kennenlernen. »Wir wollen den Deutschen Israel aus anderer Sicht zeigen, etwa durch die Errungenschaften in der Wissenschaft, der Kultur und Kunst«, schwärmte Merkel. Leider sei dies aber bei der Masse der deutschen Bevölkerung noch nicht angekommen. »Doch auch dafür sind wir hier.«
Und obwohl das nur im weiteren Sinne mit Israel zu tun habe, wolle sie hier deutlich machen, dass es bedrückend sei, wenn vor jüdischen Institutionen, etwa Synagogen oder Kindergärten, in Deutschland die Polizei stehen müsse. »Es gibt keine einzige Einrichtung, die nicht irgendwie mit Antisemitismus zu tun hat.«
zweistaatenlösung Vielleicht befinden sich die Beziehungen nicht auf einem Höhepunkt, und bis Berlin von Jerusalem in Sachen Frieden mit den Palästinensern Taten sieht, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Doch von einem Tiefpunkt, wie vor allem einige deutsche Medien immer wieder behaupten, kann keine Rede sein. Auf die Frage, ob sie Hoffnung auf einen baldigen Frieden habe, antwortete Merkel: »Ich kenne Netanjahu schon lange, doch ich habe ihn noch nie so oft von einer Zweistaatenlösung reden hören.«
Von Schimon Peres bekam die deutsche Regierungschefin die Ehrenmedaille des Präsidenten und damit die höchste Auszeichnung des israelischen Staates verliehen. »Israel hat vollstes Vertrauen zu Ihnen, Sie sind wie ein Felsen«, lobte Peres. Die Ausgezeichnete freute sich über die Medaille »als Siegel des Vertrauens«.
Im nächsten Jahr werden die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel 50 Jahre alt. Das Logo, das das deutsch-israelische Komitee ausgesucht hat, zeigt eine Schleife aus beiden Länderflaggen und ist zugleich Symbol für Unendlichkeit. »Die Fliege steht für die Diplomatie, die Unendlichkeit für die Zukunft der deutsch-israelischen Freundschaft«, erklärten die Künstler Ariel Wolk und Tisha Metting. Merkel zeigte sich sehr angetan von der Symbolik. Und wer seinen Status mit »unendlich« bezeichnet, um dessen Beziehung kann es nicht so schlecht bestellt sein.