Im äußersten Nordwesten der Bundesrepublik, in Schleswig-Holstein, soll jüdisches Leben gefördert und Judenhass nachhaltig bekämpft werden. Ein Runder Tisch, der diese Ziele verfolgt, hatte am Mittwoch seine konstituierende Sitzung. Im Namen »SHalom und Moin« stehen die hervorgehobenen Buchstaben S und H für das Bundesland, der Rest erklärt sich von selbst.
Es handelt sich um eine Institution, deren Mitglieder zwar nur zweimal im Jahr zusammenkommen sollen, aber »was dazwischen passiert ist entscheidend«, so die Vorsitzende des Runden Tisches, Landtagspräsidentin Kristina Herbst (CDU). Das Kieler Parlament hatte die Einrichtung bereits 2021 beschlossen. Erst jetzt wurde das Vorhaben umgesetzt.
»Vielfalt ist keine Störung, die man beseitigen muss, sondern die eigentliche Stärke der Gesellschaft.«
Gerhard Ulrich
Jüdische Gemeinschaft Beteiligt sind auch Landesbildungsministerin Karin Prien (CDU), sowie Igor Wolodarski, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein, Walter Blender, der Chef des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in dem Bundesland, und der Beauftragte für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus Gerhard Ulrich.
Jüdisches Leben in der Gesellschaft sichtbarer zu machen, »mehr Selbstverständlichkeit reinzubringen, und vielleicht so etwas wie Normalität« sind laut Ministerin Prien erklärte Ziele. Diese lassen sich Kristina Herbst zufolge zwar »nicht von heute auf morgen umsetzen«, aber ein Anfang ist gemacht, mit der Unterzeichnung der Gründungsvereinbarung von »SHalom und Moin«.
Ein »Miteinander, in dem wir die Vielfalt gemeinsam leben« will die Landtagspräsidentin erreichen. »Notwendig ist es, dass wir uns dem Antisemitismus entgegenstellen, denn die Normalität wird dadurch verhindert«, erklärte ihre Parteikollegin Prien. Sie will den Judenhass »nicht nur beim Namen nennen, sondern dessen Ablehnung zu einer Norm machen«. Der Kampf gegen Antisemitismus soll auch in Schleswig-Holstein in die Landesverfassung aufgenommen werden.
»Der Runde Tisch ist eine Errungenschaft, für die wir nicht kämpfen mussten. Man hat uns eingeladen dazu.«
Walter Blender
Impulse »Nun haben wir eine Initiative aus der Mitte der Gesellschaft« und mit den jüdischen Verbänden, so die Ministerin. Es gehe darum, »miteinander zu reden, nicht übereinander.« Impulse für ihren Landesaktionsplan erhofft sie sich vom Runden Tisch. »Bildung und Schule« sei ein wichtiger Bereich. Eine Broschüre mit dem Titel »Judentum Antisemitismus Israel« mit Unterrichtsbeispielen ist bereits vergriffen.
»Wir können den Kampf gegen den Antisemitismus nur richtig führen, wenn wir dafür sorgen, dass das jüdische Leben seinen festen Platz in der Mitte der Gesellschaft hat«, sagte der Beauftragte Gerhard Ulrich am Nachmittag in Kiel. »Vielfalt ist keine Störung, die man beseitigen muss, sondern die eigentliche Stärke der Gesellschaft.« Eine der Stärken des Runden Tisches sei die Tatsache, dass Menschen dazugehörten, »die ihre eigene Erfahrung austauschen bevor Strategien entwickelt werden.«
Für den Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein sagte deren Vorsitzender Walter Blender, für das Bundesland sei dies ein wichtiger Tag. Der Runde Tisch sei »eine Errungenschaft, für die wir nicht kämpfen mussten. Man hat uns eingeladen dazu. Dafür sind wir besonders dankbar«.
Hindernis Igor Wolodarski erklärte, seit den 90er-Jahren hätten »wir Juden aus der ehemaligen Sowjetunion versucht, das jüdische Leben in Schleswig-Holstein neu aufzubauen. Wir haben bei Null angefangen, und viel geschafft.« Nicht erreicht worden sei das Ziel, das jüdische Leben zur Normalität werden zu lassen. Judenhass sei ein großes Hindernis.
»Der Runde Tisch ist wichtig. Dies ist absolut der richtige Zeitpunkt«, so Wolodarski. Eine breite Diskussion sei vonnöten »weil ein breiter Konsens in der Gesellschaft notwendig ist.« Ein Konsens für Vielfalt und gegen Judenhass in Schleswig-Holstein.