Vertreter jüdischer, muslimischer und christlicher Organisationen möchten sicherstellen, dass Opfer fremdenfeindlicher Gewalt in Deutschland künftig mehr Solidarität erfahren.
Daniel Neumann vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen sagte zur Vorstellung der neuen Initiative »Schulter an Schulter« am Montag, dass Personen wie der Offenbacher Rabbiner Mendel Gurewitz fast täglich auf der Straße beleidigt werden. Solche Attacken jedoch bleiben für gewöhnlich folgenlos, beklagte Neumann.
Wenn sich künftig Muslime und Juden stärker für Gewaltopfer aus der jeweils anderen Religionsgemeinschaft einsetzten, habe dies auch intern eine Signalwirkung, sind die Gründungsmitglieder des Netzwerks überzeugt – etwa gegen die unter Muslimen verbreiteten antijüdischen Ressentiments.
Anschläge »Wir möchten nicht, dass Deutschland brennt«, ergänzte Abdassamad El Yazidi vom Zentralrat der Muslime bei der Vorstellung des Projekts. »Wir suchen bundesweit Personen, die bereit sind, nach Anschlägen aktiv zu werden.« Die Initiatoren wollen dabei helfen, nach Übergriffen Besuche bei den oft verängstigten Opfern zu organisieren, Bürgerforen zu veranstalten und durch andere Aktionen zu zeigen, dass Gewalttäter gesellschaftlich nicht akzeptiert werden.
Straftaten gegen Minderheiten dürften nicht aus Furcht vor negativen Schlagzeilen verschwiegen oder heruntergespielt werden, fordern die Initiatoren von »Schulter an Schulter«. Allein in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres habe es beispielsweise 40 Anschläge auf Moscheen in der Bundesrepublik gegeben, sagte Jürgen Micksch, geschäftsführender Vorstand der in Darmstadt ansässigen »Stiftung gegen Rassismus«.
Lediglich in drei Fällen hätten sich die betroffenen Kommunen mit den angegriffenen Gemeinden solidarisiert. Das neue Netzwerk sei angesichts der Vielzahl von Übergriffen im Land dringend nötig.
Auslöser Vorbild für »Schulter an Schulter« ist eine gleichnamige Kampagne in den USA, die gegen die Diskriminierung von Muslimen ins Leben gerufen worden war. Auslöser für die Aktivitäten in Deutschland war ein Angriff auf eine Moschee in Darmstadt im vergangenen April, bei dem Scheiben eingeworfen und die Außenwände beschmiert worden waren.
Der erwähnte Offenbacher Rabbiner war im Juli dieses Jahres auf der Straße von einer Gruppe junger Männer lauthals beschimpft worden. Sie skandierten antisemitische Beleidigungen wie »Scheiß Jude«. Augenzeugen riefen daraufhin die Polizei, die die Personalien der Verdächtigen feststellten und wegen der antisemitischen Beleidigung die Ermittlungen aufnahmen.
Rabbiner Gurewitz war bereits vor fünf Jahren von sechs bis acht arabisch aussehenden Jugendlichen beschimpft und bedrängt worden. Der Fall hatte bundesweit Aufsehen erregt. epd/ja