Die Firma Karl Klausel, ein traditioneller Betrieb der Fruchtveredelungsbranche, stellt seit langem Klausels »Extremismus Mus« her und bewirbt ihn mit dem Slogan »Sei extrem – iss Mus!« Jetzt bezichtigt das Unternehmen die Produzenten der »Extremismusklausel« der Produktpiraterie.
Selbstverständlich gibt es weder Karl Klausel noch einen Pflaumenmus dieser Marke. Es handelt sich vielmehr um eine Satire aus dem Umkreis der »Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung« zu einem durchaus ernsten Thema:
Vor einem Jahr kündigte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder an, fortan den Empfang von Fördergeldern aus Bundesprogrammen gegen Rechtsextremismus an ein Bekenntnis zur »freiheitlich-demokratischen Grundordnung« zu koppeln. Die geförderten Einrichtungen müssen dabei sogar für die Verfassungstreue ihrer Kooperationspartner bürgen.
Lokale Ebene Auf einer Pressekonferenz schilderten am Donnerstag Vertreter mehrerer Initiativen die Folgen dieser sogenannten Extremismusklausel. Timo Reinfrank von der Berliner Amadeu Antonio Stiftung konstatierte, die Klausel habe dazu beigetragen, »das Vertrauen in das staatliche Engagement gegen Rechtsextremismus zu schwächen« und stellte fest: »Gerade auf lokaler Ebene haben sich viele Projekte von den staatlichen Förderprogrammen abgewendet.«
Sabine Seyb von der Opferberatungsstelle ReachOut in Berlin sieht durch die Praxis die Grundsätze ihrer Arbeit ad absurdum geführt: »Für unsere Kooperationspartnerinnen und -partner und für unsere Klientinnen und Klienten ist es wichtig zu wissen, dass wir nicht bereit sind, sie zu bespitzeln. Sie alle vertrauen uns. Wie kann eine Vertrauensbasis, die für unsere Arbeit unverzichtbar ist, aufrechterhalten werden, wenn wir uns verpflichten würden, sie zu überprüfen? Die Konsequenz für uns kann nur sein: Nicht zu unterschreiben,« so Seyb.
Stärkung Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse fürchtet, »dass die über viele Jahre gewachsene Landschaft an Initiativen und Projekten für die Stärkung demokratischer Kultur spürbar und nachhaltig ausgedünnt wird.« Reinfrank schätzt, dass die Beteiligung an den entsprechenden Bundesprogrammen bereits um etwa zehn Prozent zurück gegangen ist.
Inzwischen gab es schon zwei Initiativen im Bundestag mit der Absicht, die Praxis des Familienministeriums zu revidieren - beide scheiterten an der schwarz-gelben Mehrheit. Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland und der Zentralrat der Muslime kritisierten kürzlich das Vorgehen der Bundesregierung als Ausdruck einer Politik des »Misstrauens«. Einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zufolge könnte die Klausel sogar gegen das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Meinungsfreiheit verstoßen.