Basel hatte in der vergangenen Woche hohen Besuch: Ronald S. Lauder, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, war hier. Man darf getrost davon ausgehen, dass die Basler Polizei, vielleicht sogar die Schweizer Armee, präsent war, um den Gast zu schützen, vor und hinter den Kulissen. Lauder kam damit in den Genuss eines gewissen Privilegs, das Schweizer Juden so nicht besitzen.
Denn nur 48 Stunden, nachdem Lauder und die übrigen Gäste, die zum Feiern des 80. Gründungstags des Jüdischen Weltkongresses nach Basel gekommen waren, die Schweiz wieder verlassen hatten, machte der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) einen Bericht des Innenministeriums publik. Darin wird zwar eingeräumt, dass die jüdischen Institutionen des Landes besonders gefährdet sind, vor allem durch dschihadistischen Terror.
Konsequenzen Aber Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen werden nicht gezogen. »Der Einsatz von verstärkten staatlichen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der jüdischen Gemeinschaft wird nicht erwogen«, fasst der SIG enttäuscht zusammen.
Die Schweizer Regierung möchte also das nicht tun, was für viele europäische Länder rund um die Eidgenossenschaft längst Pflicht ist: nämlich Synagogen, Schulen und andere jüdische Einrichtungen permanent von Armee oder Polizei schützen zu lassen. Die Regierung behauptet, dieser Schutz sei Sache der Kantone, zudem fehle eine rechtliche Grundlage.
kosten Das klingt nach Ausflüchten einer Behörde, die wohl Kosten fürchtet. Dass jüdische Bürger auch das Recht auf Schutz haben, spielt in diesem Zusammenhang offenbar keine Rolle. Als ob das nicht schon enttäuschend genug wäre, setzt der Bundesrat noch einen obendrauf: Er rät den Gemeinden, sie sollten eine Stiftung gründen und in diese »namhafte Summen« einfließen lassen. Mit anderen Worten: Die Schweizer Juden sind reich genug, sich ihre Sicherheit selbst etwas kosten zu lassen. Man stelle sich vor, die deutsche Regierung würde so etwas in einem Bericht schreiben!
Vielleicht ist es ganz gut, dass Ronald S. Lauder von diesem Bericht noch keine Kenntnis haben konnte. Möglicherweise hätte er dann nämlich einen großen Bogen um die Eidgenossenschaft gemacht.
Der Autor ist Journalist in Basel.