Debatte

Schuster: Heute würde ich als Jude nicht überall studieren wollen

Foto: picture alliance/dpa

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, würde nach eigenen Angaben heutzutage zwar wieder in Deutschland, aber nicht unbedingt in Berlin studieren wollen. Dem »Tagesspiegel« sagte Schuster: »Ja, ich würde in Deutschland wieder studieren, aber nicht an allen Universitäten.«

Auf die Frage nach Berlin antwortete der promovierte Mediziner: »Dort wohl eher nicht. Was man von Berliner Universitäten hört, ist besonders erschreckend. Da trauen sich jüdische Studierende offenbar nicht mal mehr alleine auf die Toilette zu gehen. Damit ist eine Grenze überschritten.«

Nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit Hunderten Toten und der israelischen Gegenoffensive im Gazastreifen hatte es an deutschen Hochschulen immer wieder »propalästinensische« Kundgebungen gegeben. Schuster sagte dazu: »Berlin ist zwar oft in den Schlagzeilen und sicher ein Negativbeispiel, allerdings hören wir ähnliche Schilderungen von anderen Hochschulen im ganzen Land.« 

Lesen Sie auch

Bezüglich Berlin betonte der Zentralratspräsident: »Ich habe den Eindruck, dass man in Berlin zu lange zugesehen hat, bis man durchgegriffen hat. Eine staatliche Universität in einem staatlichen Gebäude kann und darf eine Besetzung von Hörsälen überhaupt nicht tolerieren.« Hörsäle seien keine Demonstrationsräume, sondern Räume der Lehre, unter Umständen auch der Diskussion. Schuster hatte einst in Würzburg Medizin studiert. 

Lehrer sollen im Umgang mit Antisemitismus geschult werden 

Schuster warb dafür, bundesweit Lehrer im Umgang mit Antisemitismus auszubilden. Nachdem dies in Bayern in die Lehramtsausbildung aufgenommen worden sei, zeigten nun auch andere Bundesländer Interesse. Er halte ein solches Modul in der Lehrerausbildung für essenziell, nicht nur für Grund- und Hauptschulen.

»Häufig ist ein Biologie- oder Chemielehrer hervorragend auf sein Fach vorbereitet, aber weiß nicht, wie er auf antisemitische Vorfälle reagieren soll, etwa wenn das Wort »Jude« auf dem Pausenhof als Schimpfwort benutzt wird«, betonte Schuster. 

Der Zentralratspräsident nannte ferner die Entwicklung einer Partei wie der AfD »erschreckend, ebenso wie die Tatsache, dass mittlerweile so viele Menschen die Partei wählen«.

Schuster fügte hinzu: »Wenn die AfD irgendwann bundespolitische Verantwortung, also Regierungsämter, übernehmen sollte, muss auch ich mir ernsthaft die Frage stellen, ob dieses Amt als Präsident des Zentralrats für mich noch denkbar wäre – und ich müsste ein Reisebüro suchen, das One-Way-Tickets anbietet.«

Gedenken

»Wir werden uns immer erinnern«

Nina Bassat hat als Kind die Schoa überlebt und kam mit ihrer Mutter 1949 nach Australien. Ein Gespräch über den 27. Januar, die freigelassenen israelischen Geiseln und die Weisheit ihrer Mutter

von Katrin Richter  26.01.2025

USA

Musks Geste: Scharfe Verurteilung durch Senatorin

Dayna Polehanki spricht von einem Nazi-Gruß. Sie warnt davor, den reichen Trump-Berater auch nur in die Nähe des Weißen Hauses zu lassen

von Imanuel Marcus  26.01.2025

Berlin

Zehntausende bei »Lichtermeer« am Brandenburger Tor

Mit Lampen und Leuchten wollen Menschen in Berlin ein Zeichen gegen den Rechtsruck setzen. Einer der Organisatoren richtet einen klaren Appell an Friedrich Merz

 25.01.2025

Oldenburg

27-Jähriger gesteht Anschlag auf Synagoge

Nachdem der Fall bei »Aktenzeichen XY ... Ungelöst« behandelt wurde, bekam die Polizei den entscheidenden Hinweis

 25.01.2025

Bundestagswahl

Elon Musk hält Rede bei AfD-Wahlkampfauftakt

Musk behauptete, es gebe »zu viel Fokus auf vergangener Schuld« und bekam dafür Jubel von der in weiten Teilen rechtsextremen Partei. Die Gedenkstätte Yad Vashem widerspricht

 26.01.2025 Aktualisiert

Bundestagswahl

Yad-Vashem-Leiter: Regierungsbeteiligung der AfD wäre Schande für Deutschland

Das beste Mittel gegen die AfD sei Bildung

 24.01.2025

Essay

Jede Geisel, die nach Hause zurückkehrt, steht für unser aller Überleben

Das Versprechen »Sicherheit« konnte Israel am 7. Oktober nicht halten. Umso wichtiger ist nun das Versprechen »Nie wieder wehrlos«

von Esther Schapira  24.01.2025

USA

Nach Hitlergruß-ähnlicher Geste: Musk legt mit Nazi-Wortspiel noch mal nach

Die Menschenrechtsorganisation Anti-Defamation League reagiert mit klaren Worten

 23.01.2025

Auschwitz-Gedenken

Kanzler Scholz: Ausgrenzung von Juden heute ist empörend und beschämend

Vor 80 Jahren wurden das KZ Auschwitz befreit. Bundeskanzler Scholz nutzt den Anlass, Antisemitismus zu verurteilen. Jeder einzelne sei aufgefordert, gegen judenfeindliche Handlungen anzugehen

von Birgit Wilke  23.01.2025