Essen

Schüsse auf ehemaliges Rabbinerhaus

Einsatzkräfte der Polizei am Rabbinerhaus bei der Alten Synagoge Foto: picture alliance/dpa/ANC-NEWS

Am Rabbinerhaus bei der Alten Synagoge in Essen sind am Freitagmorgen Einschusslöcher gefunden worden. Es bestehe keine Gefahr, niemand sei verletzt, sagte eine Polizeisprecherin.

Wie ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul unserer Zeitung bestätigte, seien am Donnerstagabend um 23.40 Uhr vier Schüsse auf die Tür des Gebäudes abgegeben worden, drei durchschlugen die Tür, eine Kugel blieb im Rahmen stecken. Es gab lediglich Sachschaden.

Nach Angaben der Polizei gibt es eine Videoaufzeichnung des Vorfalls. Darauf sei ein bislang nicht identifizierter Mann zu sehen. Ein Polizeisprecher schränkte aber ein: »Die Qualität dieser Aufzeichnungen ist äußerst schlecht.« Zeugen hatten die Einschusslöcher am Freitagmorgen gegen 8.30 Uhr gemeldet.

»Der Staatsschutz ist eingeschaltet worden und hat die Ermittlungen übernommen«, erklärte ein Polizeisprecher am Vormittag gegenüber der Jüdischen Allgemeinen. Eine Ermittlungskommission werde nun versuchen, den Tathergang zu rekonstruieren. Dafür sei die Spurensicherung vor Ort. Anhand der Spurenlage stehe mittlerweile fest, dass es sich um eine scharfe Schusswaffe gehandelt habe. Auch ein Sprengstoffspürhund sei im Einsatz, um weitere Bedrohungslagen auszuschließen.

tatverdächtiger Am Freitagmittag besuchte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) den Tatort. Er bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass die Polizei nach einem männlichen Tatverdächtigen suche. »Der Anschlag auf die Alte Synagoge in Essen erschüttert mich zutiefst«, sagte Reul. »Die vorhandenen Videoaufzeichnungen werden jetzt mit Hochdruck ausgewertet. Der Staatsschutz ist eingebunden.« Die Jüdische Kultus-Gemeinde Essen könne »sich darauf verlassen, dass wir alles tun, um den Täter schnellstmöglich zu ermitteln«, so Reul.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) schrieb bei Twitter, die Schüsse auf die Synagoge schockierten und entsetzten ihn. Man stehe an der Seite der Jüdinnen und Juden in NRW und schütze sie gegen Hass und Gewalt. »Jüdisches Leben ist ein Teil unseres Landes, ein Teil von uns – heute und an jedem anderen Tag«, schrieb er. NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) schrieb bei Twitter, der Vorfall führe leider erneut schmerzhaft vor Augen, »dass unsere Anstrengungen zum Schutz jüdischen Lebens nicht nachlassen dürfen«.

Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) äußerte sich auf Facebook: »Diese Nachricht bestürzt mich sehr!« Der Essener Grünen-Bundestagsabgeordnete Kai Gehring teilte mit: »Der widerwärtige Anschlag muss schnellstmöglich und lückenlos aufgeklärt werden.« Es brauche kontinuierlichen Schutz jüdischer Einrichtungen und eine konsequente, breite - zivilgesellschaftliche wie politische - Bekämpfung des Antisemitismus. NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) schrieb bei Twitter, die Tat führe vor Augen, »dass wir im Schutz jüdischen Lebens und beim Eintreten gegen Antisemitismus nicht nachlassen dürfen.«

museum Die Alte Synagoge ist heute ein Museum. Im benachbarten Rabbinerhaus sind das Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen untergebracht sowie weitere universitäre Einrichtungen.

Die neue Synagoge, in der sich die Essener Juden heute zum Beten versammeln, befindet sich rund zwei Kilometer vom Tatort entfernt.

Der Zentralrat der Juden reagierte am Freitagmittag mit Bestürzung auf die Nachricht. »Dass auf die Alte Synagoge in Essen geschossen wurde, ist beklemmend. Die Alte Synagoge steht für gelebte deutsch-jüdische Kultur. Die Schüsse sind ein Angriff auf unsere gemeinsamen Werte«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster unserer Zeitung.

Der Vorsitzende der Jüdischen Kultus-Gemeinde Essen, Schalwa Chemsuraschwili, erklärte: »Die Polizei hat uns informiert, und die Sicherheitsmaßnahmen wurden verstärkt. Die Alte Synagoge ist heute zwar ein Museum, aber ein symbolträchtiger Ort. Was dort passiert, geht auch uns an. Es ist beunruhigend.« ja/dpa

Debatte

Jüdische Gemeinde zu Berlin stimmt Aussagen von Polizeipräsidentin zu

Barbara Slowik sagt, dass Juden und Homosexuelle in manchen Teilen der Hauptstadt nicht sicher seien. Zustimmung kommt von der Jüdischen Gemeinde - auch dafür, dass Urheber von Gewalt endlich einmal klar benannt werden

von Stefan Meetschen  19.11.2024

Bayern

»Wir brauchen eine klare Haltung«

Zentralratspräsident Josef Schuster hat heute Abend in Würzburg die Ehrendoktorwürde seiner Alma Mater erhalten. Hier dokumentieren wir seine Dankesrede an der Julius-Maximilians-Universität im Wortlaut

 19.11.2024

Europäische Rabbinerkonferenz

Rabbiner beunruhigt über Papst-Worte zu Völkermord-Untersuchung

Sie sprechen von »heimlicher Propaganda«, um Verantwortung auf die Opfer zu verlagern: Die Europäische Rabbinerkonferenz kritisiert Völkermord-Vorwürfe gegen Israel scharf. Und blickt auch auf jüngste Papst-Äußerungen

von Leticia Witte  19.11.2024

Hetzjagd auf israelische Fans

Comedian witzelt über Gewalt gegen Juden

Benaissa Lamroubal nennt auf Social Media die Ereignisse von Amsterdam eine »great experience« und wird dafür von seinen Fans gefeiert

von Ralf Balke  19.11.2024

Medien

Ausweitung der Kampfzone

Die israelfeindlichen Täter haben die »NZZ« ganz bewusst zum Abschuss freigegeben. Ein Kommentar

von Nicole Dreyfus  19.11.2024

Nürnberg

Jüdische Gemeinde kritisiert Vergabe von Menschenrechtspreis

Die PCFF bringt seit 1995 israelische und palästinensische Familien zusammen, die durch den anhaltenden Nahost-Konflikt ein Familienmitglied verloren haben

 19.11.2024

Rio de Janeiro/Jerusalem/Gaza

G20 fordern mehr Hilfe für Gaza

Laut Erklärung muss Israel mehr Hilfsgüter liefern, obwohl diesen Monat bereits 32.000 Tonnen ankamen

 19.11.2024

Berlin

Staatsrechtler: Neubewertung der AfD öffentlich machen

Muss sich das BfV mit Äußerungen zu Parteien, die unter Extremismus-Verdacht stehen, zurückhalten, wenn Wahlen anstehen? Ulrich Battis meint: nein

 19.11.2024

Antisemitische Hetzjagd

Amsterdams Bürgermeisterin will nicht mehr von »Pogrom« sprechen

Der Begriff würde genutzt, um die Spaltung der Gesellschaft voranzutreiben, sagt Femke Halsema

von Nils Kottmann  18.11.2024