Politiker und Kirchenverbände haben den mutmaßlichen Angriff auf eine Synagoge in Hannover verurteilt. »Ich verurteile ihn aufs Schärfste«, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. Die jüdische Gemeinde in Deutschland sei schockiert. »Mut geben uns die vielen Solidaritätsbekundungen aus der Zivilgesellschaft und der staatlichen Institutionen.«
»In Niedersachsen ist kein Platz für Antisemitismus, wir stehen fest an der Seite unserer jüdischen Bürgerinnen und Bürger«, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Ähnlich äußerten sich auch Vertreter der katholischen und evangelischen Kirchen sowie muslimische Vertreter.
Nach bisherigen Ermittlungserkenntnissen wurde am Mittwochabend eine Scheibe einer Synagoge in Hannover eingeworfen. In dem Gebäude beteten zu der Zeit rund 150 Menschen und feierten den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Der Staatsschutz ermittelt. Bisher sind keine Angaben zu möglichen Tätern, einem Motiv oder dem Tathergang bekannt. »Wir ermitteln mit Hochdruck in alle Richtungen«, sagte eine Sprecherin der Polizei am Donnerstagvormittag.
Der Botschafter Israels in Deutschland, Ron Prosor, twitterte, wer einen Stein werfe, zögere »auch nicht, eine Kugel abzufeuern«. Er erinnerte an den Angriff auf eine voll besetzte Synagoge in Halle (Saale) vor drei Jahren an Jom Kippur. »Juden müssen sich in Deutschland sicher fühlen, besonders in ihren Gotteshäusern«, verlangte Prosor und schrieb: »Ich bin sicher, die Behörden werden die Täter schnell festnehmen.«
Es sei unerträglich und nicht hinnehmbar, »dass unsere jüdischen Schwestern und Brüder im Ausüben ihres Glaubens an ihrem heiligen Ort bedroht werden«, sagte der Regionaldechant der Katholischen Kirche in der Region Hannover, Christian Wirz.
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte: »Jede Form der Gewalt gegen jüdisches Leben ist ein Anschlag auf unsere freiheitliche, offene und solidarische Gesellschaft in Niedersachsen.« Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) twitterte, er sei entsetzt, wütend und traurig. »Hannover steht an der Seite unserer jüdischen Mitmenschen.« Auch zahlreiche Landtags- Bundestagsabgeordnete aller Parteien äußerten sich ähnlich.
Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien sagte der Deutschen Presse-Agentur: »Jüdinnen und Juden sollen sich in Deutschland nicht jedes Jahr aufs Neue fürchten müssen, an Feiertagen eine Synagoge zu besuchen.«
Der Vorstand der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) sagte in einer Erklärung: »Es ist schockierend und traurig zugleich, wie trotz Sicherheitsvorkehrungen immer unverhohlener und hemmungsloser jüdisches Leben mitten in Deutschland angegriffen wird. Ausgerechnet an Jom Kippur, dem jüdischen Versöhnungsfest, wird mit einem Stein auf ein Gotteshaus und Betende geworfen.« Auch wenn man noch nichts Genaues über das Tatmotiv oder den Täter wisse, flöge »sicher nicht zufällig ein Stein durch das Fenster einer Synagoge«, so die Rabbiner.
Am Mittag kamen zahlreiche Politiker zur Synagoge, um sich ein Bild zu machen, darunter Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne), die niedersächsische Integrationsbeauftragte Doris Schröder-Köpf und der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil. dpa/ja