Außenministerin Annalena Baerbock ist Ende März erneut in den Nahen Osten gereist. Vor ihrem bereits siebten Besuch seit den Massakern der Hamas am 7. Oktober 2023 forderte sie in einer Pressemitteilung, dass im Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation eine sofortige »humanitäre Feuerpause« beginnen müsse, die dann in einen »dauerhaften Waffenstillstand« überführt werden solle.
An gleicher Stelle ließ sie die israelische Regierung ebenso wissen, dass die Bundesrepublik zwar zu ihrer historischen Verantwortung für die Sicherheit Israels stehe und die Hamas nie wieder in der Lage sein dürfe, einen Angriff wie am 7. Oktober durchzuführen, aber dass dies nicht nur militärisch zu erreichen sei.
Wie der jüdische Staat sich vor einem erneuten Angriff der palästinensischen Terrororganisation schützen soll, ohne diese militärisch zu besiegen, wird indes nicht ausgeführt. Zumindest kann wohl ausgeschlossen werden, dass die islamistischen Massenmörder freiwillig ihre Waffen niederlegen.
Terroristische Auslandsaktivitäten des Mullah-Regimes
Wenn es dem Auswärtigen Amt und der gesamten deutschen Bundesregierung ernst ist, dann könnten sie einen in der Tat entscheidenden, nicht-militärischen Beitrag zur Schwächung der Hamas leisten. Dafür müssten nur endlich die Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) des Iran auf die Terrorliste der Europäischen Union gesetzt werden. Diese sind schließlich für alle terroristischen Auslandsaktivitäten des Mullah-Regimes verantwortlich.
Wenn es Berlin ernst ist, könnte es einen großen Beitrag zur Schwächung der Hamas leisten.
Da die Revolutionsgarden mittlerweile alle wesentlichen Bereiche der iranischen Ökonomie beherrschen, würde ein solcher Schritt nicht nur die gesamte iranische Wirtschaft in einem bisher nicht gekannten Maße treffen, sondern auch die finanziellen Möglichkeiten der von Teheran unterstützten Terrororganisationen beschränken, nämlich die der Hamas in Gaza, der Huthi im Jemen und der Hisbollah im Libanon sowie vieler anderer schiitischer Milizen, die die gesamte Region systematisch destabilisieren.
Und nicht zuletzt wäre es auch ein konkreter Beitrag für die Sicherheit Europas, sind es doch vor allem iranische Drohnen, die täglich ukrainische Städte angreifen.
Bisher geschah dies nicht und wurde vom Auswärtigen Amt unter anderem stets mit dem Verweis auf ein Rechtsgutachten der Europäischen Union abgelehnt, aus welchem hervorginge, dass die Voraussetzungen für ein Verbot nicht vorlägen.
Juristisch liegen die notwendigen Instrumente vor
Schon seit geraumer Zeit ist allerdings bekannt, dass diese Position nicht mit dem Inhalt dieses als Verschlusssache eingestuften Papiers der EU in Einklang steht. Vielmehr zeige das Gutachten auf, dass es mit ausreichend politischem Willen problemlos möglich wäre, die IRGC als Terrororganisation zu benennen und auf die Liste zu setzen. Juristisch liegen die notwendigen Instrumente vor. Da dieses Gutachten aber bis heute nicht öffentlich ist, kann es darüber keine breite gesellschaftliche Debatte geben.
Renommierte Völkerrechtler haben jedoch ausgeführt, dass das Gutachten in seiner Begründung die rechtlichen Möglichkeiten für eine Listung darlegt. Zu Recht ist darauf hingewiesen worden, dass, selbst wenn der rechtliche Rahmen nicht bestehen würde, es eine Frage des politischen Willens ist, könnte man doch in der EU die rechtlichen Grundlagen schaffen. Der Bundesrepublik kommt hier eine entscheidende Rolle zu.
Wenn es noch einer konkreten Begründung für diesen Schritt bedurft hätte und des Nachweises, dass die Bedrohung durch die Revolutionsgarden nicht auf den Nahen Osten begrenzt ist, so liegt nun auch innenpolitisch ein zwingender Grund vor: Vor rund zwei Wochen wurde das Urteil zum Molotowcocktail-Anschlag auf die Bochumer Synagoge im November 2022 veröffentlicht. In diesem stellen die Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf fest, dass der Täter auf Anweisung des iranischen Regimes gehandelt hat.
Zwar werden die Revolutionsgarden nicht explizit als Auftraggeber genannt, aber wer sich mit dem Regime in Teheran auskennt, der weiß, dass dies nur die IRGC sein können. Es wäre ein fatales Signal, wenn selbst dieser Angriff auf Juden in Deutschland im Auftrag des Iran nicht endlich Konsequenzen hätte.
Die Zeit des Zögerns, innen- wie außenpolitisch, muss endlich ein Ende haben.
Wenn das Auswärtige Amt und die Bundesregierung die IRGC aus politischen Gründen nicht listen möchten, dann sollten sie ihre Argumente öffentlich darlegen und damit zur Diskussion stellen. Eine Einbestellung des Botschafters, wie nach der Veröffentlichung der Urteilsbegründung geschehen, wird der Gefahr, die von den Revolutionsgarden für Juden in Europa ausgeht, kaum gerecht.
Und schließlich sei an dieser Stelle daran erinnert, dass das Islamische Zentrum Hamburg immer noch nicht verboten ist. Auch hier stellt sich die Frage, warum die Bundesregierung zögert. Dabei wäre die Schließung dieses wichtigsten Außenpostens des antisemitischen Terrorregimes in Europa nicht nur ein deutliches Signal an die Mullahs in Teheran, sondern auch ein konkreter Beitrag zur Sicherheit der jüdischen Gemeinschaft hierzulande.
Die Zeit des Zögerns, der Nebelkerzen und der Leisetreterei gegenüber dem Regime in Teheran, innen- wie außenpolitisch, muss endlich ein Ende haben.
Der Autor ist Direktor des American Jewish Committee (AJC) Berlin.