Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist ein Dachverband für Lehrer und Erzieher, eine Berufsgruppe also, die zu Neutralität und Objektivität verpflichtet ist. Bei der Veröffentlichung des Artikels eines niedersächsischen Lehrers, der in einer Publikation der GEW Oldenburg von »ethnischer Säuberung« durch Israel spricht, scheint die GEW es damit jedoch nicht so ernst zu nehmen.
Die Frage, was das Thema mit der GEW zu tun habe, beantwortet der Verfasser mit demselben Eifer, der auch dem übrigen Text zugrunde liegt: Es gehe um die palästinensischen Kinder, die »Isolierhaft, brutale Verhöre und Schläge« durch israelische Soldaten erdulden müssten. Das habe der Autor selbst erlebt.
propaganda Der Text ist Anti-Israel-Propaganda pur, einseitig und völlig aus dem Kontext gerissen: eine vier Seiten lange subjektive Schilderung eines Konflikts, der über 100 Jahre alt und äußerst komplex ist. Auch die Stellungnahme des GEW-Kreisverbandes Oldenburg lässt an der pädagogischen Einstellung der Gewerkschaft zweifeln.
So wird darin etwa mit »Vielfalt«, »Demokratie« und »Pluralität« argumentiert. Die GEW sei das »Sprachrohr aller Mitglieder, deren Positionen ruhig abweichend sein dürfen«. Außerdem habe man vor der Veröffentlichung den Inhalt des Aufsatzes nicht zur Kenntnis genommen. Immerhin wurde in einer zweiten Stellungnahme der Fehler eingeräumt, für BDS geworben und den Artikel publiziert zu haben.
nachgeschmack Wie soll man von Schülern eine ehrliche, verantwortungsvolle Auseinandersetzung mit Konfliktthemen erwarten, wenn das nicht einmal vernünftige und gebildete Erwachsene – zumal Lehrer – bewältigen? Die GEW Oldenburg sollte objektiv bleiben und beide Seiten aufzeigen. Sonst passiert das, was man auf vielen Schulhöfen Deutschlands beobachten kann: eine Indoktrination all jener, die keine Ahnung vom Nahostkonflikt haben und lediglich eine Sichtweise erleben – zu Hause, von Mitschülern, auf Al Jazeera. Zum Abbau von Vorurteilen führt die Vorgehensweise der GEW Oldenburg jedenfalls nicht.
Es bleibt ein bitterer Nachgeschmack, der jegliche zwischenmenschliche Bemühungen innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers zunichtemacht. Eine Gemeinschaft sollte objektiv sein – und Lehrer erst recht: frei von der eigenen politischen Meinung. Der besagte Artikel jedoch polarisiert und hetzt. Er hat in einer Publikation der GEW nichts zu suchen.
Die Autorin ist Lehrerin an einer Hauptschule in Niedersachsen.