An schönen Tagen kann man vom Golan bis nach Damaskus sehen. Aber es gibt keine schönen Tage mehr auf dem Golan. Teheran vermeldet stolz, man habe Assad überzeugen können, auf dem Golan »die Tür zum Dschihad gegen Israel« aufzustoßen. Mit Fateh-110-Raketen, die leicht bis nach Tel Aviv fliegen oder den Kernreaktor Dimona treffen können. Für den Rest der Welt wird das erst dann zum Problem werden, wenn bei uns die Geigerzähler anspringen.
Spätestens seit kürzlich mehrere UN-Blauhelmsoldaten entführt wurden, weiß Israel, dass die dort stationierte Friedenstruppe, die seit 1974, vergessen vom Rest der Welt, ihren ebenso braven wie zahnlosen Dienst verrichtet, im Ernstfall keinen Schutz bietet. Dieser Ernstfall rückt bedrohlich näher. Israel beobachtet entsetzt und besorgt die Giftgaseinsätze gegen die Zivilbevölkerung und die Lieferung von schwerem Kriegsgerät aus dem Iran nach Syrien.
raketentransporte Die israelische Bombardierung der für die Hisbollah bestimmten Raketentransporte löste zwar zunächst die üblichen Empörungsreflexe aus, stieß dann aber insgeheim auch auf Erleichterung: Israel handelt selbst, und wir müssen uns weder bemühen noch entscheiden. Derweil versinkt Syrien in Schutt und Asche: Geschätzte 70.000 Menschen sind tot, rund ein Viertel der Bevölkerung ist inzwischen auf der Flucht.
Und wir? Wir schauen gelähmt zu oder weg. Die Spendenbereitschaft ist skandalös niedrig. Das mag sicher auch daran liegen, dass die »Aufständischen« nicht unbedingt so wirken, als ob ihnen vor allem Demokratie und Menschenrechte am Herzen lägen. Aber je länger sich der Westen heraushält, desto stärker wird der Einfluss der Islamisten und damit die Bedrohung Israels. Nur wer sich einmischt, hat Einfluss. Wer aber erleichtert ist, dass er außer Schussweite ist, der möge bitte fortan stillschweigen, wenn Israel handelt. Vom Golan aus kann man Damaskus sehen. Diese Aussicht erlaubt leider kein Wegschauen.
Die Autorin ist Ressortleiterin Zeitgeschehen beim Fernsehen des Hessischen Rundfunks.