Meinung

Schawuot: Mehr als nur Käsekuchen

Jonas Fegert Foto: Hans Praefke

Einerseits ist es der Tag, an dem wir Juden die Zehn Gebote am Berg Sinai empfingen. Andererseits ist Schawuot der Feiertag, der meistens zu kurz kommt. Woran liegt das? Vermutlich macht ein übermächtiges Fest wie Pessach einem die Feierei leichter. In diesem Jahr war ich zum Seder bei einem Freund. Wir aßen und tranken und erinnerten uns an den Auszug aus Ägypten.

Jüdische Feiertage umfassen auch eine kulturelle Erinnerung. Sie zu zelebrieren, fällt dadurch allen Juden – von jüdischen Atheisten bis zur Orthodoxie – leichter. Die Traditionen können gepflegt werden und sind bei Bedarf sogar von der religiösen Bedeutung abkoppelbar. So entsteht ein Raum, der mit Ritualen gefüllt werden kann – wenn etwa in jüdischen Gemeinden in den USA zu Pessach chametzfreie Kuchenbackwettbewerbe stattfinden. Zu Chanukka hat sogar der kleine Dreidel eine große Bedeutung. Es gibt einen Kult um die Feiertage wie Chanukka und eben auch Pessach.

yoga Doch dann kommt 50 Tage später Schawuot … Das Tikkun Lejl Schawuot sieht das nächtliche Studium der Tora vor. Es beinhaltet das Lesen der Zehn Gebote und des Buchs Ruth. Es soll Gemeinden geben, die zwischen den Lesungen Pausen mit Yoga-Übungen einbauen. Dennoch sind es – vordergründig zumindest – trockene, puristische Veranstaltungen, die zu Schawuot angeboten werden. Käsekuchen versüßt zwar den Feiertag, ändert jedoch wenig an seinem Grundcharakter. Und dass Schawuot mit der Ebene des Erntedankes sogar eine zweite Bedeutung enthält, macht die Verwirrung perfekt.

Dabei könnte die Nacht des Tikkun Lejl Schawuot für meine Generation durchaus interessant sein. Platz für eigene Rituale ist da. In Berlin beispielsweise entstehen derzeit Tora-Lern-und-Lesekreise, die von Stipendiaten des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks organisiert werden – privat veranstaltet und ohne denominationelle Ausrichtung. Sie geben jungen jüdischen Menschen die Möglichkeit, religiöse Texte gemeinsam zu lesen, zu diskutieren und über ihre heutige Bedeutung nachzudenken. Für diese Art des Studiums ist Schawuot genau der richtige Feiertag.

Unsere Generation sollte versuchen, dem Purismus und den Verwirrungen entgegenzutreten und sich Schawuot als Lange Nacht des Lernens anzueignen. Denn Schawuot kann mehr sein als nur das Nachbeben von Pessach!

Der Autor ist Stipendiatensprecher des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks.

Berlin

Angriff auf Lahav Shapira: Prozess beginnt

Die Staatsanwaltschaft geht von einer antisemitischen Motivation aus. Die Klage lautet auf gefährliche Körperverletzung

 08.04.2025 Aktualisiert

Meinung

Fehl am Platz

Omri Boehm hätte gar nicht erst als Redner zum Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald eingeladen werden dürfen. Was hat den Gedenkstättenleiter bloß dazu motiviert?

von Susanne Stephan  07.04.2025

Itzehoe

Frühere KZ-Sekretärin Irmgard F. ist tot

Als 96-Jährige kam Irmgard F. wegen Beihilfe zum Massenmord vor Gericht. Das Urteil des Landgerichts Itzehoe wurde im vergangenen Jahr rechtskräftig. Ihr Tod liegt schon einige Wochen zurück

 07.04.2025

Nordhausen

Nur noch ein Überlebender bei Gedenken zur Befreiung des KZ Mittelbau-Dora

Nur noch ein Überlebender ist bei der Gedenkfeier für die Befreiung des KZ Mittelbau-Dora anwesend. Die Rede hält die Enkelin eines früheren Häftlings, der 2022 in einem anderen Krieg starb

 07.04.2025

Cuxhaven

Zentralrat der Juden: Deichbrand-Festival für Juden kein sicherer Ort mehr

Als Grund gibt der Dachverband von jüdischen Gemeinden und Landesverbänden in Deutschland den geplanten Auftritt des US-Rappers Macklemore an

 07.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Frankreich

Französische Fahnder fassen drei Männer mit Anschlagsplänen

Die mutmaßlichen Terrorplaner sollen auch einen Ort der jüdischen Gemeinschaft ins Visier genommen haben

 07.04.2025

Neuerscheinung

»Aus den Fugen geraten«: Neues Buch zur Lage von Juden heute

Es geht um die Zeit vom 7. Oktober 2023 bis zum 27. Januar 2025: Wie der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, darauf blickt, zeigt jetzt ein Sammelband mit Reden, Beiträgen und Interviews von ihm

von Leticia Witte  07.04.2025

Verhandlungen

Endspurt bis zur schwarz-roten Koalition?

Gleichstand mit der AfD in einer Umfrage und Kritik, dass die SPD die Verhandlungen zu sehr dominiert – in der neuen Verhandlungswoche wächst der Druck auf die Union. Die Zeit drängt also

 07.04.2025