Die Bundesregierung stellt sich nach der Kritik an antisemitischen Inhalten an Schulen des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) hinter das Vorgehen der Organisation. »Die Bundesregierung begrüßt, dass UNRWA die Problematik selbstständig aufdeckt und zeitnah reagiert hat«, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Müller-Rosentritt.
STEREOTYPE Zuvor war bekannt geworden, dass Lehrer an von der UNRWA betriebenen Schulen in den palästinensischen Autonomiegebieten während des pandemiebedingten Lockdowns Lernmaterialien an Schüler ausgegeben hatten, auf denen israelfeindliche Stereotype reproduziert und der Dschihad (Heilige Krieg) glorifiziert wurden. Im Januar hatte bereits die Nichtregierungsorganisation Impact-se über die Arbeitsblätter berichtet, die teilweise seit März vergangenen Jahres kursieren sollen.
UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini erklärte, es seien »unangemessene Seiten« aus Lehrbüchern an Schüler verteilt worden. Die UNRWA werde nun eine »innovative Online-Plattform« starten, »auf der alle geprüften und genehmigten Lernmaterialien für die Nutzung durch Schüler in unseren Schulen bereitgestellt werden«, so Lazzarini.
Die Bundesregierung begrüße diese Entscheidung. Man erwarte, »dass mit Blick auf die von UNRWA eingerichtete E-Learning-Plattform zur Bereitstellung geprüfter und genehmigter Lernmaterialien weitere Vorfälle vermieden werden«. Man lehne jegliche Form von Antisemitismus, Verherrlichung von Gewalt und Anstachelung zum Hass ab.
HASS AUF ISRAEL Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker sagte der Jüdischen Allgemeinen, keine andere Organisation der Vereinten Nationen stehe dem »friedlichen Miteinander von Israelis und Palästinensern so im Weg« wie die UNRWA. Das Hilfswerk vermittle, so Becker, »den Hass auf Israel von einer Generation an Palästinensern an die nächste weiter«. Zu groß sei die Nähe der UNRWA zur Terrororganisation Hamas, die seit 15 Jahren im Gazastreifen die Macht hat, erklärte der DIG-Präsident.
Becker forderte die Auflösung der Organisation und eine Übertragung ihrer Aufgaben an den UNHCR, das allgemeine Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen. »Die UNRWA ist das Sinnbild einer selbsterfüllenden Philosophie, die den Flüchtlingsstatus der Palästinenser konserviert, diese dadurch aber auf Dauer als Menschen zweiter Klasse abstempelt«, erklärte Becker.
GESCHÄFTSMODELL Ähnlich sieht es auch Volker Beck, Lehrbeauftragter an der Universität Bochum und ehemaliger Bundestagsabgeordneter von Bündnis90/Die Grünen. Das Geschäftsmodell der UNRWA sei die Fortführung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern. »Israelhass bei der UNRWA ist notorisch. Seit vielen Jahren steht die Hasspropaganda in den Schulbüchern der UNRWA in der Kritik«, sagte er dieser Zeitung.
»Es wäre Zeit, aus der Unterstützung der UNRWA ganz auszusteigen. Man sollte diese Mittel nehmen und das Geld an den UNHCR und die Staaten, die Palästinenser aufgenommen haben, für die Integration der Palästinenser, überwiegend Kinder und Enkel der einstigen Flüchtlinge, geben«, forderte Beck.
Remko Leemhuis, der Leiter des Berliner Büros des American Jewish Committee, sagte, als größter Geldgeber der Hilfsorganisation habe die Bundesregierung erheblichen Einfluss auf die UNRWA. »Wir hoffen, dass von dieser Möglichkeit auch entsprechend Gebrauch gemacht wird. Steuergelder dürfen nicht für die Erziehung zum Hass missbraucht werden«, so Leemhuis.
ANSTRENGUNGEN Auch für Frank Müller-Rosentritt ist die deutsche Haltung zu den Vorfällen »zu passiv, floskelhaft und abwartend«. Wenn Schüler »mit Hass und der Verherrlichung von Terrorismus indoktriniert werden, dann kann das niemals im Interesse des Geldgebers, in diesem Fall der Bundesregierung, sein.«
Er befürchte jedoch, so der FDP-Politiker, dass das Schweigen der Regierung ein starkes Indiz dafür sei, dass es derzeit kein Bemühen um nachhaltige Aufklärung gebe. Zudem sehe er »keine ehrlichen Anstrengungen«, die bereits an Schüler ausgegebenen Lehrmaterialien wieder einzusammeln. »Die Bundesregierung muss sich durchsetzen und darf nicht immer wieder gutgläubig auf große Versprechungen hören.«
Die Region könne nur dann eine prosperierende Zukunft haben, »wenn es eine Erziehung zum Frieden und nicht zum Hass« gebe. »Mir ist schleierhaft, warum man sich in dieser Frage offenbar einer offenen Diskussion verweigert. Kritik bedeutet doch nicht per se Ablehnung, wenn es darum geht, Dinge zu verbessern«, sagte Müller-Rosentritt der Jüdischen Allgemeinen. kna/mth