Reaktionen

Scharfe Kritik an »Amnesty International«-Bericht zu Israel

SIG-Generalsekretär Jonathan Kreutner Foto: picture alliance/KEYSTONE

Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG), die Nichtregierungsorganisation NGO-Monitor und die Regierung in Jerusalem haben den Bericht von Amnesty International (AI) zu Israels Krieg gegen die Terrororganisation Hamas scharf kritisiert. Sogar bei AI selbst wird Kritik laut.

»Es ist legitim, anzuerkennen, dass auch die palästinensische Zivilbevölkerung in Gaza Leid erlebt. Israel ist aber nicht einseitig für die gesamte Situation verantwortlich«, erklärte SIG-Generalsekretär Jonathan Kreutner. »Die Hamas trägt die Hauptverantwortung für das Leid der Menschen auf beiden Seiten der Grenze.«

Lesen Sie auch

Insgesamt sei die Beweislage im AI-Bericht sehr dünn – was darin auch eingeräumt werde, so Kreutner. »Amnesty International zieht etwa unter anderem Kampfrhetorik politischer Extremisten herbei, um dem gesamten Staat Israel genozidale Absichten zu unterstellen. Aber diese vertreten keineswegs die Haltung der ganzen israelischen Regierung, des Staates Israel oder der israelischen Bevölkerung.«

»Fahrlässig und naiv«

SIG-Generalsekretär Kreutner wirft Amnesty vor, die Delegitimierung des jüdischen Staates in Kauf zu nehmen. Die NGO gebrauche in seinem Bericht den Begriff »subhuman«, der in der NS-Zeit verwendet worden sei. »Das ist historisch unsensibel, fahrlässig und naiv.«

Amnesty International habe zwar einen entsprechenden Bericht zu den Kriegsverbrechen der Hamas am 7. Oktober in Aussicht gestellt, aber ohne dabei die Vernichtungsrhetorik der Hamas gegen Juden zu erwähnen, betonte der SIG-Generalsekretär. »Dieser Bericht fehlt aber.«

Alle diese Faktoren in Kombination legten den Schluss nahe, dass hier mit zweierlei Maß gemessen werde. »Die Glaubwürdigkeit von Amnesty International nimmt dadurch massiv Schaden.«

Auch Zentralratspräsident Josef Schuster kritisierte den Bericht als »dämonisierend«. Das Leid der Menschen in Gaza sei immens und sich für ein Ende dieses Leids einzusetzen, sei »ein menschliches Anliegen«, aber, so Schuster: »Die dämonisierende Verurteilung Israels durch Amnesty International sprengt jedoch jeden Rahmen.«

»Das Vorgehen von Amnesty International und die Besessenheit gegenüber Israel stellen keinen Weg zu einer Lösung dar, sondern verschärfen die Situation – auch für Jüdinnen und Juden in Deutschland«, kritisiert der Zentralratspräsident.

Lesen Sie auch

»Bedauernswert und fanatisch«

Auch die israelische Regierung kommentierte den AI-Bericht: »Die bedauernswerte und fanatische Organisation Amnesty International hat wieder einmal einen fiktiven Bericht vorgelegt, der völlig falsch ist und auf Lügen beruht«, hieß es im Außenministerium. Israel verteidige sich auf der Basis des internationalen Rechts.

Die Nichtregierungsorganisation NGO Monitor warf Amnesty International eine antisemitische Agenda vor, deren Ziel es sei, Israel zu vernichten. Der Bericht und die Empfehlungen von AI stellten keine glaubwürdige, unvoreingenommene oder sorgfältig durchdachte Analyse der komplexen Umstände des Gaza-Konflikts dar.

Innerhalb von Amnesty International wird ebenfalls Kritik geübt. Einige Autoren des Berichts würden eine »vorgefasste Meinung« vertreten, hieß es in einer Erklärung des israelischen AI-Büros. Dort sei man weder an der Recherche noch an der Finanzierung oder Erstellung beteiligt gewesen.

Definition nicht erfüllt

»Die Behauptung, dass im Gazastreifen ein Völkermord stattgefunden hat« akzeptiert die israelische Amnesty International-Zentrale nicht. Auch würden »die operativen Ergebnisse des Berichts« nicht anerkannt.

»Das Ausmaß der von Israel im Gazastreifen verübten Tötungen und Zerstörungen« nehme zwar »schreckliche Ausmaße« an und müsse sofort gestoppt werden. Die Ereignisse erfüllten jedoch die Definition von Genozid nicht, wie sie in der Konvention über die Verhütung des Völkermordes festgelegt sei.

Restitution

Familie verliert ihr in der Nazizeit gekauftes Grundstück

85 Jahre lebt eine Familie in einem Haus in Brandenburg. Zuvor hatte es zwei jüdischen Frauen gehört, die schließlich von den Nazis ermordet wurden

 11.12.2024

Debatte

Rabbiner für Liberalisierung von Abtreibungsregelungen

Das liberale Judentum blickt anders auf das ungeborene Leben als etwa die katholische Kirche: Im jüdischen Religionsgesetz gelte der Fötus bis zur Geburt nicht als eigenständige Person, erklären liberale Rabbiner

von Leticia Witte  11.12.2024

Gelsenkirchen

Bekommt Bayern-Torhüter Daniel Peretz Konkurrenz?

Münchens Sportvorstand Max Eberl macht eine klare Ansage

 11.12.2024

Meinung

Syrien und die verfrühte Freude des Westens über den Sieg der Islamisten

Ein Gastkommentar von Ingo Way

von Ingo Way  11.12.2024

Porträt

Wer ist der Mann, der Assad gestürzt hat?

Abu Mohammed al-Golani hat sich oft gewandelt. Der Anführer des Aufstandes, der der jahrzehntelangen Diktatur der Familie Assad in Syrien binnen Tagen ein Ende setzte, hat jahrelang an seinem Image gearbeitet

von Kareem Chehayeb  10.12.2024

Jubiläum

100 Jahre Wohlfahrtsverbände - Politik lobt unverzichtbare Arbeit

Bundespräsident Steinmeier betonte, mit ihrer Arbeit und ihrer Solidarität stärkten die Wohlfahrtsverbände wie die ZWST auch die Demokratie

von Birgit Wilke  10.12.2024

Brandenburg

Holocaust-Gedenken soll ohne AfD stattfinden

Führende AfD-Vertreter hätten die Verbrechen des Nationalsozialismus verharmlost und die Ausrichtung der gegenwärtigen Erinnerungskultur massiv infrage gestellt

 10.12.2024

Meinung

Der Papst und sein einseitiges Mitgefühl für Judenfeinde

Das Jesus-Kind in ein Palästinensertuch einzuwickeln zeigt, dass der Vatikan seine Tradition verleugnet, um im Nahostkonflikt Partei zu ergreifen

von Maria Ossowski  10.12.2024

Meinung

Amnesty, Israel und die »Untermenschen«

Die Verleumdung Israels durch die Menschenrechtsorganisation ist einmal mehr beispiellos. Ein Kommentar von Wolf J. Reuter

von Wolf J. Reuter  10.12.2024