Er habe »größten Respekt vor der Tradition der Juden«. Gleichwohl halte er den Brauch der Brit Mila für einen »schädlichen Ritus, da die Operation in diesem frühen Alter nachweislich mit medizinisch nicht vertretbaren Risiken verbunden ist, und weil sie durch medizinische Laien praktiziert wird.« Das teilte Sebastian Guevara Kamm, promovierender Arzt an der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Jüdischen Allgemeinen am Mittwochnachmittag auf Anfrage mit.
Guevera Kamm ist der Mediziner, der gegen den Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Hof, David Goldberg, Anzeige wegen Körperverletzung erstattet hat. Die Beschwerde richte sich gegen Goldberg, »weil er diese Operationen bewirbt, er angibt, sie weiterhin durchzuführen, sowie weil er von Eingriffen durch Ärzte abrät«.
Rabbiner Goldberg ist seit vielen Jahren als Mohel tätig, weit über Franken und Bayern hinaus. Über die Strafanzeige wurde ihm von Journalisten berichtet, die ihn anriefen. Er verfüge bislang über keine weiteren Informationen, weder über Details der Beschuldigung noch über den Anzeigenerstatter, sagte er am Mittwoch. Aber für ihn sei klar, dass der Vorgang »Ausdruck von Antisemitismus« ist. Ungeachtet der gegen ihn erstatteten Anzeige werde er weiterhin als Beschneider tätig sein. »Ich persönlich mache weiter«, sagte er der Jüdischen Allgemeinen.
Zentralrat Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, bezeichnete die Anzeige als »diskriminierend und unsensibel«. Sie diffamiere auf ungeheuerliche Weise die gesamte jüdische wie auch muslimische Gemeinschaft. »Die Anzeige gegen den Rabbiner in Hof zeigt uns nochmals sehr eindringlich, wie notwendig jetzt eine rechtliche Regelung ist, die die Beschneidung aus religiösen Gründen weiterhin ausdrücklich erlaubt. Es darf einfach nicht sein, dass Juden aufgrund der Ausübung ihrer bloßen religiösen Pflicht plötzlich auf geradezu bösartige Weise rüde stigmatisiert und sogar kriminalisiert werden.«
Rabbiner Israels Oberrabbiner Yona Metzger betonte gegenüber der Jüdischen Allgemeinen: »Ich bin schockiert, dass durch die Berichterstattung in einem Teil der Medien eine Atmosphäre in Deutschland entstanden ist, in der nun gegen einen Mohel Strafanzeige erstattet wird. Dies ist sehr beunruhigend.« Dennoch sei er nach seinem zweitägigen Aufenthalt in Berlin und den Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern sehr zuversichtlich. Er hoffe, so Metzger, dass in der Beschneidungsfrage eine zufriedenstellende Lösung gefunden werden kann.
Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) hat »mit Bestürzung und Entsetzen« den Vorgang zur Kenntnis genommen. In einer Presseerklärung der ORD heißt es: »Von dieser Strafanzeige, welche auf das Urteil des Landesgerichtes Köln zurückgeht, ist nicht nur Rabbiner Goldberg als Mohel betroffen, sondern jeder Mohel, der in Deutschland tätig ist, beziehungsweise das gesamte Judentum in Deutschland.« Rabbiner Julian Chaim Soussan, Mainz, sagte: »Wir haben großes Vertrauen in die bayerische Justiz, da diese in einer religiösen Beschneidung, die fach- und sachgerecht durch einen hierzu befugten und ausgebildeten Mohel und mit beidseitiger elterlicher Zustimmung durchgeführt wurde, keine strafbare Handlung sieht.«