Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium will auch weiterhin Ausnahmegenehmigungen für das von Juden und Muslimen aus religiösen Gründen praktizierte betäubungslose Schlachten ermöglichen. Doch soll in dem Erlass für die kommunalen Behörden deutlicher als bisher auf mögliche Betäubungsmethoden, wie die elektrische Kurzzeitbetäubung, hingewiesen werden. Das teilte eine Sprecherin des CDU-geführten Ministeriums am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit.
zentralrat Die CDU-Landtagsfraktion in Niedersachsen hatte in der vergangenen Woche eine Debatte über das Schächten entfacht. Sie hatte gefordert, Schächten generell zu verbieten und auch keine Ausnahmegenehmigungen mehr zuzulassen. Dies hätte das Aus für die Schlachtung von Tieren nach jüdischem Ritus bedeutet. Daraufhin hatten Vertreter der Muslime in Niedersachsen wie auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, mit Empörung reagiert.
Schuster wandte sich sofort nach dem Beschluss der Parlamentarier in Hannover mit einem Brief an die CDU‐Fraktion und appellierte an sie, »sich für die weitere Möglichkeit der Durchführung des betäubungslosen religiösen Schlachtens im Sinne einer grundgesetzlich gewährleisteten ungestörten Religionsausübung einzusetzen«.
Schuster kritisierte in seinem Brief die CDU auch dafür, dass sie sich mit ihrer Forderung einem Vorstoß der AfD anschließt. »Sicherlich ist Ihnen nicht entgangen, dass die niedersächsische AfD im Frühjahr vergangenen Jahres gefordert hat, keine Ausnahmegenehmigungen für das Schächten mehr zu erteilen.« Schuster betonte zudem, das Schächten sei die schonendste Art des Schlachtens, und die Tiere litten keinen Schmerz. Der Zentralratspräsident hatte die Fraktion aufgefordert, den Beschluss zurückzunehmen.
religionsfreiheit »Mit Erstaunen« hatte auch Karin Prien den Vorstoß ihrer niedersächsischen Kollegen aufgenommen. Die CDU‐Kultusministerin in Schleswig‐Holstein und Sprecherin des Jüdischen Forums der CDU sagte der Jüdischen Allgemeinen: »Der Schutz der Religionsfreiheit hat für die CDU konstitutiven Wert. Wir haben in Deutschland eine gute Regelung gefunden, sowohl den Erfordernissen des Schlachtens gemäß den jüdischen Religionsgeboten als auch dem Tierschutz gerecht zu werden.«
Demonstrativ bezog sich Prien auf Josef Schusters Kritik an der CDU‐Fraktion. Zugleich versicherte sie, dass es parteiinterne Gespräche gebe. »Ich werde das Thema weiter im Blick behalten.«
Anlass für den Beschluss der CDU‐Fraktion vergangene Woche war ein niedersächsischer Schlachtbetrieb, der aus Anlass des muslimischen Opferfestes eine Ausnahmegenehmigung zum Schächten von höchstens 200 Schafen besaß. In diesem Jahr wie auch in den Jahren zuvor war diesem Betrieb die Genehmigung erteilt worden, teilte das Landwirtschaftsministerium weiter mit. Dort seien Anfang August 113 Tiere geschlachtet worden. epd/ja