Antisemitismus

Saar-Linke will Lokalpolitiker ausschließen

Foto: imago

Nach Kritik an einem judenfeindlichen Facebook-Post will der Landesvorstand der Linken den Vorsitzenden des Stadtverbandes Saarlouis, Mekan Kolasinac, aus der Partei ausschließen. Das berichtete die »Saarbrücker Zeitung« am Mittwochabend. Der Lokalpolitiker hatte Bundesparteichef Bernd Riexinger auf Facebook als »falsche hinterlistige Jude« bezeichnet.

Anschließend hatte sich Kolasinac »bei meinen jüdischen Freunden« entschuldigt und erklärt, er habe »Judas« schreiben wollen. Möglicherweise sei ihm der Fehler durch eine automatische Textkorrektur unterlaufen. Hintergrund des Posts soll ein Bericht gewesen sein, wonach Riexinger versucht haben soll, die Bundestagsfraktionschefin Sahra Wagenknecht aus der Partei zu mobben.

schiedskommission Die Vorsitzende der Saar-Linken, Astrid Schramm, wurde am Mittwoch mit den Worten zitiert: »Die saarländische Linke distanziert sich von jeglichen Formen von Antisemitismus und Rassismus. Derlei Gedankengut hat nichts in unserer Partei verloren.« Nun muss die Schiedskommission der Saar-Linken sich mit dem Fall befassen. Das Gremium soll jedoch zerstritten sein.

Mekan Kolasinac betreibt im Saarland einen Party-Service und ist nebenberuflich Mitarbeiter des Linken-Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze. Dessen Büroleiterin im Saarland sagte der Jüdischen Allgemeinen am Mittwoch, der Abgeordnete sei erkrankt und könne zu dem Fall, der in Bearbeitung sei, nicht Stellung nehmen.

Die Saarbrücker Zeitung schrieb, der Bundestagsabgeordnete habe das Ausschlussverfahren am Mittwoch kritisiert und darauf verwiesen, dass Kolasinac den Facebook-Beitrag sofort gelöscht und sich entschuldigt habe. Seine Erklärung sei »erst mal nachvollziehbar«. Lutze wolle das Thema aber aufarbeiten und sehe keinen Platz für Antisemitismus in der Linken.

Screenshot Sebastian Borchart, Vorstandsmitglied der Linksjugend im Saarland schrieb auf Facebook, er nehme Kolasinac dessen Entschuldigung nicht ab. Screenshots belegten Kolasinacs »antisemitische Ansichten«: Kolasinac habe »noch einen draufgesetzt«, indem er einen Beitrag der Gruppe »Solinger Türken« auf Facebook geteilt habe. Dabei handelt es sich um einen ZDF-Beitrag über die Einsätze israelischer Soldaten 2008 und 2014 im Gaza-Streifen. Das Video wurde auf Facebook mit dem Kommentar »Israelische Soldaten gestehen – Es geht um Völkermord in Palästina!« versehen.

Er gehe nicht davon aus, dass der Bundestagsabgeordnete Lutze Kolasinac entlassen werden, sagte Borchart. Lutze wolle, so Borcharts Einschätzung, im November 2017 bei der Neuwahl des Landesvorstands der Saar-Linken seine Position ausbauen. Entlasse Lutze jedoch Kolasinac, riskiere er den Parteiaustritt von Kolasinacs Freunden und schwäche seine eigene Position, so Borchart. Das Vorstandsmitglied der Saar-Linksjugend, das für die Linke auf Platz 4 der Landesliste bei der Bundestagswahl kandidierte, strebt ebenfalls einen Posten im Landesvorstand der Saar-Linken an.

Der Vorsitzende der Synagogengemeinde Saar, Richard Berman, äußerte sich am Mittwochmorgen empört über den Post »falsche hinterlistige Jude«. Der Jüdischen Allgemeinen sagte er: »Auch wenn in der Partei ob der ständigen Querelen die Nerven blank liegen, so ist dieser antisemitische Vergleich nicht zu entschuldigen. Es ist empörend, dass sich der Stadtverbandsvorsitzende der Linken zu einer solchen Aussage hinreißen lässt, zeigt sie doch seine Meinung zu Juden allgemein. Für ihn sind sie also alle falsch und hinterlistig. Dann frage ich mich, wen er meint, wenn er von ›meinen jüdischen Freunden‹ spricht. Mit seinem Weltbild über Juden kann er doch keine Freundschaft mit ihnen pflegen. Jedenfalls gibt es keinerlei Kontakte zum hiesigen Landesverband.«

antizionismus Weiter sagte Berman: »Von Teilen der Bundespartei ›Die Linke‹ ist man in Bezug auf Antizionismus ja schon einiges gewöhnt. Im Gegensatz dazu waren im Saarland vonseiten der Linken bisher weder antizionistische noch antisemitische Äußerungen zu vernehmen, zumindest nicht öffentlich.« Auch Berman forderte, der Linken-Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze müsse rasch handeln.

Kolasinacs Äußerung sorgte auch bei Linken-Politikern für Empörung. Birgit Huonker, Sprecherin der Saar-Linken, zitierte den Post von Kolasinac auf Facebook und schrieb dazu: »Manche Dinge machen auch mich noch fassungslos. Antisemitismus in der eigenen Partei. Schlimm. Als ob wir nicht wichtigere Dinge zu tun hätten.«

Der Saarbrücker Volker Schneider, Geschäftsführer der Bundestagsfraktion in Berlin, reagierte auf Facebook: »Unglaublich, einen derart eindeutig antisemitischen Post von einem Mitglied der Partei ›Die Linke‹ hätte ich mir bis heute nicht vorstellen können.« Schneider fordete die Partei und den Bundestagsabgeordneten Lutze auf, »so schnell als möglich die einzig richtigen Konsequenzen aus diesem intolerablen Post« zu ziehen.

www.facebook.com/birgit.huonker

Berlin

Prognose: Hälfte der Holocaust-Überlebenden 2031 nicht mehr am Leben

Der Bericht mache die Dringlichkeit der Bildungsarbeit zur Schoa deutlich, sagt der Präsident der Claims Conference, Gideon Taylor

 22.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  21.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  21.04.2025

Reaktionen

Freund und Bruder Franziskus – Juden verabschieden sich vom Papst

Mit Wärme und Respekt würdigen Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und weltweit den Papst. Nicht immer war das Verhältnis von katholischer Kirche und Judentum aber einfach, etwa nach dem 7. Oktober 2023

von Leticia Witte  21.04.2025

Reaktionen

»Mit Papst Franziskus ist ein Freund der jüdischen Gemeinschaft von uns gegangen«

Der Zentralrat der Juden würdigt Papst Franziskus, der am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben ist

 21.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus ist am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  21.04.2025

Vatikan

Papst Franziskus ist tot

Das Oberhaupt der katholischen Kirche starb einen Tag nach dem Ostersegen

 21.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025