Um Fußball soll es bei dieser WM in Katar gehen, nicht um Politik. Das hat die FIFA gleich zu Beginn des Turniers deutlich gemacht. Doch während also Regenbögen verbannt werden, sieht man überall im Land die palästinensische Fahne. Läden verkaufen sie zusammen mit Armbinden, Fans tragen sie bei WM-Spielen, und selbst auf dem Spielfeld sind sie zu sehen.
Das Motiv? Man will ein Zeichen setzen. Doch für diese Doppelmoral gibt es von mir die Rote Karte. Denn wo sind die Zeichen gegen Menschenrechtsverletzungen in Katar oder gegen das brutale Regime im Iran? Wo ist die Solidarität mit Hunderten getöteten Iranerinnen und Iranern? Beinahe täglich erreichen uns inzwischen Nachrichten von öffentlichen Hinrichtungen.
nahostkonflikt Doch einzig der Nahostkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern ist bei dieser WM allgegenwärtig. Dabei erleben wir doch eigentlich gerade einen Paradigmenwechsel in der Nahostpolitik. Vor zwei Jahren wurde mit dem Abraham-Abkommen zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Marokko und dem Sudan Geschichte geschrieben.
Was auf politischer und diplomatischer Ebene eine neue Chance für Nahost bedeutet, ist in den Köpfen vieler noch nicht angekommen.
Was auf politischer und diplomatischer Ebene eine neue Chance für Nahost bedeutet, ist in den Köpfen vieler noch nicht angekommen. Tausende Israelis sind während der WM nach Katar gereist. Statt Toleranz und Offenheit erleben sie Anfeindungen und Beschimpfungen. Ob im Taxi, in Restaurants oder bei Kontrollen im Stadion, viele verzichten darauf, auf der Straße Hebräisch zu sprechen. Er habe noch nie so viel Hass an einem Ort erlebt, erzählt ein israelischer Journalist.
Die Feindschaft gegen Juden und Israel gehört gerade bei vielen jungen Menschen offenbar immer noch zur Ideologie und wird von der Regierung Katars eher unterstützt als unterbunden. Die FIFA selbst hat eine mögliche gemeinsame Bewerbung für die Fußball-WM 2030 von Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten ins Spiel gebracht – völkerverbindend. Eine tolle Idee, doch dafür braucht es dringend ein Umdenken.
Die Autorin ist Korrespondentin des Bayerischen Rundfunks in München.