Der Unternehmensberater Roland Berger hat seinen Vater lange als Gegner und Opfer der Nazis dargestellt - jetzt will der 81-Jährige Klarheit. »Heute bin ich klüger«, sagte Berger dem »Handelsblatt«. Aufgrund von Recherchen des »Handelsblatts« habe er jetzt die Historiker Michael Wolffsohn und Sönke Neitzel beauftragt, »reinen Tisch zu machen und alles aufzuklären«. Wolffsohn sagte der Zeitung: »Soweit sich das bisher feststellen lässt, war Georg Berger in der Tat Profiteur des NS-Systems.«
Laut »Handelsblatt« war Georg Berger 1931 in die NSDAP eingetreten und von 1936 bis 1939 Reichskassenverwalter der Hitler-Jugend gewesen. Anschließend sei er Generaldirektor einer »arisierten« Backfabrik geworden und habe in einer beschlagnahmten Villa gewohnt.
»Soweit sich das bisher feststellen lässt, war Georg Berger in der Tat Profiteur des NS-Systems«, sagt Michael Wolffsohn.
Die Gestapo habe 1942 das Haus mehrfach durchsucht, weil er in Saus und Braus gelebt, Lebensmittel gehortet und das Ansehen der Partei beschädigt habe. Er sei abgesetzt und 1944 aus der NSDAP ausgeschlossen worden. Nach dem Krieg habe ihn eine Spruchkammer zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und ihm angerechnet, dass er sich gegen die »Arisierung des Unternehmens gewendet« und »nach dem Maß seiner Kräfte Widerstand geleistet« habe.
Roland Berger selbst hat mit 50 Millionen Euro Privatvermögen eine Jugendstiftung gegründet und lässt seit 2008 einen hoch dotierten Preis für Menschenwürde verleihen. Am Freitag erklärte der polnische Bürgerrechtler Adam Bodnar, der diesen Preis am kommenden Montag erhalten sollte, dass er die Auszeichnung wegen der Zweifel an Bergers Rolle im Nationalsozialismus nicht entgegennehme. Zuvor hatte das »Handelsblatt« über diesen Schritt berichtet.
Es sei wohl »Selbstbetrug, den ich mir da habe zuschulden kommen lassen«, sagt Berger.
Das Jüdische Museum Berlin zeichnete Roland Berger mit dem Preis für Verständigung und Toleranz aus. Seinen Vater hatte er in Interviews als moralisches Vorbild beschrieben, der 1938 aus Protest gegen die Pogrome aus der Partei ausgetreten sei und unter Lebensgefahr gezeigt habe, »mit mir nicht«.
Jetzt sagte er dem »Handelsblatt«, die Gestapo-Durchsuchungen habe er als kleiner Bub erlebt. Sein Bild vom Vater stamme auch aus Erzählungen in der Verwandtschaft. Es sei wohl »Selbstbetrug, den ich mir da habe zuschulden kommen lassen«. dpa