Italien

Römische Weltverschwörung

Beppe Grillo Foto: dpa

Ist Beppe Grillo »Italiens neuer Mussolini«? Die Überschrift eines kürzlich erschienenen Artikels in der britischen Wochenzeitung The Spectator ist nicht als Frage formuliert. Nach einer Serie teilweise gewagter Vergleiche zwischen dem Komiker und dem Diktator schlussfolgert der Autor, Nicholas Farrell, Italien stehe die faschistische Zukunft unmittelbar bevor.

Die Befürchtungen des britischen Journalisten sind verständlich, aber übertrieben. Grillos Partei, der »Movimento 5 Stelle« (M5S), ist keine faschistische Bewegung. Grillo propagiert vielmehr die Überwindung der politischen Kategorien »rechts« und »links«. Entsprechend gerne äußert er sich abweichend zu Themen, bei denen Rechte und Linke einer Meinung sind – etwa Israel und der Nahe Osten.

Mossad Die israelische Zeitung Yedioth Ahronoth veröffentlichte im Juni vergangenen Jahres ein Interview mit Grillo, geführt vom Rom-Korrespondenten Menachem Gantz. Dort sagt der Komiker, der in die Politik gegangen ist: »Alles, was wir über Israel und Palästina wissen, wird von einer Agentur namens MEMRI in die europäischen Sprachen übersetzt.« Dahinter verstecke sich, so Grillo, »ein ehemaliger Mossad-Agent«. Der frühere Bürgermeister von London, Ken Livingstone, habe unabhängige Übersetzer beauftragt und »unglaubliche Sachen« herausgefunden, etwa bei der Übersetzung von Reden, die Osama bin Laden gehalten hatte.

In Grillos Weltanschauung, dessen Partei auf Anhieb 25 Prozent der Wählerstimmen erhielt, finden sich die gängigen Stereotypen über eine amerikanisch-jüdische Weltverschwörung: »Hinter Israel stehen die Vereinigten Staaten, oder sind die Vereinigten Staaten Israel? Schwer zu sagen, was hier Ursache und Wirkung ist«, schrieb er etwa 2006 in seinem Blog. »Ich sage: Raus aus der Nato, die Cowboys sollen nach Hause gehen.«

Casapound Auch in Bezug auf die italienische Geschichte hat Grillo seinen eigenen Umgang, den er »post-ideologisch« nennt. Als ein Vertreter der neofaschistischen Organisation Casapound ihn fragte, ob er sich als Antifaschist bezeichne, antwortete Grillo, Antifaschismus gehöre nicht zu seinen Kompetenzen.

Solche Ansichten werden offenbar nicht nur von Grillo vertreten. Derzeit sorgt die Wahl von Roberta Lombardi zur Fraktionsvorsitzenden von Grillos Partei in der Abgeordnetenkammer für Aufsehen. Auf ihrem Blog hatte sie nicht nur Grillos Äußerungen gerechtfertigt, sondern auch die »ursprüngliche« Ideologie des Faschismus verteidigt.

Debatte

Darf man Israel kritisieren?

Eine Klarstellung von Rafael Seligmann

von Rafael Seligmann  21.11.2024

Medienberichte

Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck im Alter von 96 Jahren gestorben

In der rechtsextremen Szene wird sie bewundert

 21.11.2024

Washington D.C.

US-Senat gegen Blockade einiger Waffenlieferungen an Israel

Eine Gruppe von Demokraten scheitert mit ihrem Vorstoß

 21.11.2024

Fachtagung

»Kulturelle Intifada«

Seit dem 7. Oktober ist es für jüdische Künstler sehr schwierig geworden. Damit beschäftigte sich jetzt eine Tagung

von Leticia Witte  20.11.2024

Russlands Krieg in der Ukraine

1000 Tage Krieg

Die Ukraine hat gerade ein bitteres Jubiläum begangen - 1000 Tage Krieg. Wie leben die Menschen dort, begleitet von so viel Tod und Zerstörung? Streiflichter von einem einzelnen Tag geben einen kleinen Einblick

von Illia Novikov  20.11.2024

Berlin

Prozess gegen Teilnehmer israelfeindlicher Uni-Besetzung eingestellt

Die Aktion an der Humboldt Universität bleibt auch wegen der dort verbreiteten Pro-Terror-Propaganda in Erinnerung

 20.11.2024

Meinung

Jung, jüdisch, widerständig

Seit dem 7. Oktober 2023 müssen sich junge Jüdinnen und Juden gegen eine Welle des Antisemitismus verteidigen

von Joshua Schultheis  20.11.2024

USA

Trump nominiert Juden für das Handelsministerium

Howard Lutnick ist Chef des New Yorker Finanzunternehmens Cantor Fitzgerald

von Andrej Sokolow  20.11.2024

Wien

IAEA: Iran will Uran-Produktion beschränken

Dabei hat das Mullah-Regime seinen Uran-Vorrat zuvor massiv aufgestockt

 20.11.2024