Mit der Unterzeichnung eines bilateralen deutsch-polnischen Abkommens hat jetzt ein unrühmliches Kapitel der deutschen Rentenversicherung ein versöhnliches Ende gefunden. Nach langen zwölf Jahren können endlich auch überlebende ehemalige jüdische Ghettoarbeiter, die in Polen wohnen, vollumfänglich die sogenannte Ghettorente erhalten.
Die Claims Conference hat die gewundenen Wege des »Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto« eng begleitet und hat in Gesprächen mit den Ressorts, der Rentenversicherung, Vertretern des Bundestages, aller Parteien und in eigens auf ihr Betreiben eingerichteten Arbeitsgruppen auf eine Abstellung der Missstände hingewirkt.
Lodz Mit der Anerkennung von Beitragszeiten in den staatlichen Rentenkassen hatte das langwierige Verfahren 1997 seinen Auftakt genommen. Wer sich im Ghetto Lodz freiwillig zur Arbeit gemeldet hatte, erwarb aus der geleisteten Arbeit Anspruch auf eine Altersrente. Belegt ist, dass die Ghettoverwaltung den Arbeitern zwar Rentenbeiträge abgezogen, diese jedoch nie an die staatliche Rentenversicherung weitergegeben hatte.
Daraus abgeleitet wurde eine Präzedenz für die Arbeitsverhältnisse in den übrigen Ghettos unter deutscher Herrschaft. Wer sich in einem Ghetto freiwillig zur Arbeit meldete, wusste, dass Arbeit lebensverlängernd war, denn sie schützte vor Deportation und bedeutete zusätzliche Nahrung.
freiwilligkeit? Gerade die »Freiwilligkeit« und die »Entlohnung« stellten für viele ehemalige Ghettohäftlinge bei ihren Anträgen ein Paradoxon dar: Auch wenn sie sich freiwillig zur Arbeit gemeldet hatten, waren ihre Lebensbedingungen höchst unfrei, und der Lohn war oftmals nur ein Teller Wassersuppe. Aber auch Rentenversicherung und etliche Gerichte waren mit der diffizilen historischen Ausgangslage nicht vertraut, sodass die Ablehnungsquote in den ersten Jahren bei über 90 Prozent lag. Zug um Zug mussten die zuständigen Behörden zu einer liberaleren Handhabung motiviert werden.
Die traurige Bilanz geht voll und ganz zulasten der ehemaligen Ghettoarbeiter: Erst im vergangenen Jahr wurde ihnen die gesetzlich festgelegte Rückwirkung der Leistungen bis zum Jahr 1997 zugestanden – eine Leistung, die viele nicht mehr entgegennehmen konnten.
Der Autor ist der Repräsentant der Claims Conference in Deutschland.