Slowenien

Regierungschef nennt EU-Abgeordnete »Soros-Marionetten«

Seit drei Jahrzehnten gehört Janez Jansa zu den wichtigsten Politikern seines Landes. Foto: imago images/ZUMA Wire

Sloweniens Ministerpräsident Janez Janša ist – vorsichtig formuliert - nicht für vornehme Zurückhaltung in den sozialen Netzwerken bekannt. Und auch nicht dafür, dass er es mit den Fakten immer genau nimmt. So twitterte Janša am 4. November 2020, dem Morgen nach der US-Präsidentschaftswahl, es sei nun klar, dass das amerikanische Volk Donald Trump und Mike Pence im Amt bestätigt habe.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Vergangenen Donnerstag sorgte der rechtspopulistische Politiker dann mit einem Tweet der anderen Art für Aufsehen. Er postete eine schon etwas ältere Fotomontage mit niederländischen, belgischen und deutschen Europapolitikern – einer von ihnen ist mittlerweile verstorben –, die angeblich vom jüdischen Finanzier und Schoa-Überlebenden George Soros kontrolliert würden. Dessen Konterfei prangt in der Mitte der Grafik, die Überschrift lautet: »13 der bekannten 226 Soros-Marionetten im EU-Parlament«. Auch der frühere SPD-Chef Martin Schulz findet sich auf dem Bild.

DEBATTE Zwar löschte Janša den Tweet kurze Zeit später, doch der Sturm der Empörung war nicht mehr aufzuhalten. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte keilte auf Twitter zurück. »Geschmackloser Tweet von Janez Janša (@JJansaSDS) über die Abgeordneten. Ich verurteile ihn aufs Schärfste. Diese Auffassung hat die Regierung gerade dem slowenischen Botschafter in Den Haag übermittelt«, schrieb der Niederländer.

Doch Janša legte umgehend nach – und attackiert nun seinerseits Rutte. »Nun, Mark, @MinPres, verschwende nicht deine Zeit nicht mit Botschaftern und der Medienfreiheit in Slowenien.« Rutte solle doch lieber dafür sorgen, dass in den Niederlanden nicht Journalisten auf offener Straße ermordet würden, so der Slowene in Anspielung auf den tödlichen Anschlag auf den Investigativ-Reporter Peter de Vries im Juli dieses Jahres.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Seinen eindeutig antisemitisch konnotierten Tweet kommentierte Janša dagegen nicht weiter. Das Pikante an der offenen Twitter-Schlacht zwischen den beiden Regierungschefs: Slowenien hat aktuell die Ratspräsidentschaft der EU inne, und Janša ist ein wichtiger Player bei den Verhandlungen in Brüssel. Erst vor kurzem hatte er sich in der Diskussion um mangelnde Rechtsstaatlichkeit auf die Seite Polens gestellt. Auch Ungarns Regierungschef Viktor Orbán steht Janša politisch sehr nahe.

PARLAMENT Für seine Politik in Slowenien zieht der 63-Jährige seit einiger Zeit die Pfeile aus Brüssel auch auf sich. Im Raum stehen Vorwürfe, seine Regierung höhle die Pressefreiheit aus. Als eine Delegation des Europaparlaments Ende letzter Woche das Land besuchte, weigerte sich der Ministerpräsident, sie zu empfangen. Stattdessen setzte er seinen Tweet ab. Eine der angeblichen Soros-Marionetten war die Leiterin der Delegation, die niederländische Europaabgeordnete Sophie in ’t Veld.

Auch Parlamentspräsident David Sassoli kritisierte Janša und rief ihn auf, seine »Provokationen« gegen Mitglieder des Europaparlaments einzustellen. »Angriffe auf Mitglieder dieses Hauses sind auch Angriffe auf europäische Bürger. Eine konstruktive Zusammenarbeit mit der rotierenden Ratspräsidentschaft kann nur auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt basieren«, schrieb der italienische Sozialdemokrat auf Twitter.

Doch der Slowene wollte nicht nachgeben. Das mit den »Soros-Marionetten« sei ja gar keine antisemitische Verschwörungstheorie, twitterte Janša am Freitag, da die Erstellung der Liste von der Soros-Stiftung selbst in Auftrag gegeben und veröffentlicht worden sei, schrieb er - und verlinkte einen Bericht der Kumquat Consult im Auftrag der Open Society Foundations.

Darin heißt es, dass in der 2019 zu Ende gegangenen Legislaturperiode im Europaparlament 226 Mitglieder des Hauses die Werte und Anliegen der von George Soros gegründeten und finanzierten Stiftung teilten. Deshalb empfehle man, so der Bericht, dass Open Society zu diesen Mitgliedern »dauerhafte und vertrauensvolle Beziehungen« aufbaue.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Warum eine solche Lobbytätigkeit, die in Brüssel gang und gäbe ist und von Tausenden von Verbänden in dieser Form ausgeübt wird, im Fall von George Soros und dessen Open Society Foundations als unzulässige Einflussnahme auf die EU-Politik dargestellt wird, wollte Janez Janša nicht verraten.

Auch der Präsident des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs, Charles Michel, mahnte in der Nacht zum Freitag mehr Respekt im Umgang innerhalb der Europäischen Union an. Das sei der einzige Weg nach vorn, so Michel. Ob Janez Janša sich davon beeindrucken lässt, kann aber bezweifelt werden.

Zürich

NZZ-Chefredakteur Eric Gujer nach Farbanschlag von Linksradikalen: »Natürlich weichen wir nicht der Gewalt« 

Die Polizei nahm zehn Personen aus der linksautonomen Szene fest

 17.11.2024

USA

Loyalität zu Trump scheint die Schlüsselqualifikation zu sein. Wer hat in Washington bald das Sagen?

Trump vergibt einen gewichtigen Posten nach dem anderen. Dabei spielen Fernsehtauglichkeit, stramme Gefolgschaft und Geld eine Rolle

von Christiane Jacke  17.11.2024

Amsterdam/Tel Aviv

Sorge vor iranischem Angriff: Israels Präsident sagt Reise zu Weltklimakonferenz ab

Isaac Herzog wird nicht wie geplant zur UN-Klimakonferenz kommen. Als Grund nennt sein Büro »Sicherheitserwägungen«

 17.11.2024

Heilbronn/Heidelberg

Geständnisse zu Anschlagsplan auf Synagoge erwartet

Zwei junge Männer tauschen sich in Chats über mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Heidelberg und Frankfurt am Main aus. Nun sitzen sie auf der Anklagebank

von Martin Oversohl  15.11.2024

Washington D.C.

TV-Mann, Milliardär, Radikale: So soll Trumps Team aussehen

Fernsehtauglichkeit, stramme Gefolgschaft und Geld spielen eine Rolle. Wer hat in Washington bald das Sagen?

von Christiane Jacke, Magdalena Tröndle  15.11.2024

Deutschland

BKA warnt vor »Belagerung« israelischer Botschaften

Die Terroristen der Hamas rufen auf Telegram zu Gewalt auf

 15.11.2024

Justiz

Antisemitischer Schlachtruf wird Fall für BGH 

Die rechtliche Bewertung der Parole »From the river to the sea, palestine will be free« fällt je nach Gericht unterschiedlich aus. Eine höchstrichterliche Klärung gibt es nicht - noch nicht

 14.11.2024

USA

Bekommt Trump seinen Wunschkandidaten als Justizminister?

»Wie ein Sechsjähriger mit einem geladenen Revolver«: So beschreibt ein Parteikollege Matt Gaetz

von Christiane Jacke, Magdalena Tröndle  14.11.2024

Michael Thaidigsmann

Borrells letztes Gefecht

Der scheidende EU-Außenbeauftragte fordert die Aussetzung des Assoziierungsabkommens der EU mit Israel. Damit dürfte er kläglich scheitern

von Michael Thaidigsmann  14.11.2024