Die Zahl der rechtsextremen Straftaten hat in Deutschland im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Das bestätigte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin. Demnach verzeichnete die Polizei bundesweit bis zum 30. November 2024 mindestens 33.963 Delikte im Bereich »politisch motivierte Kriminalität - rechts«. Das ist ein Plus von rund 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr, 2023 waren es 28.945 Straftaten.
Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland mit Bezug auf eine Kleine Anfrage der Gruppe der Linken Zahlen gemeldet. Die abschließende Zahlen sollen voraussichtlich im Mai vorgestellt werden.
Von den registrierten Straftaten waren demnach 1.136 Gewaltdelikte - im gesamten Jahr 2023 waren es 1.270. Den größten Anteil der Straftaten machten 2024 Propagandadelikte (21.311) und Volksverhetzungen (5.097) aus, die Polizei verzeichnete außerdem 1.942 Sachbeschädigungen.
Taten mit unklarer Motivation werden unter »sonstige Zuordnung« erfasst
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte: »Wir sehen diese Zahlen natürlich als alarmierendes Zeichen.« Er erklärte, antisemitische Straftaten würden seit dem 1. Januar 2024 nicht mehr automatisch dem Rechtsextremismus zugerechnet, wenn es im Einzelfall keine konkreten Hinweise auf einen bestimmten Phänomenbereich gibt. Solche Taten mit unklarer Motivation würden seither unter »sonstige Zuordnung« erfasst.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, es gebe in Deutschland im Schnitt weiterhin mehr als drei rechtsextremistische Gewalttaten am Tag. Der Anstieg der Fallzahlen zeige auch, dass mehr ermittelt werde und mehr Taten verfolgt würden.
Und weiter: »Wir setzen alle Instrumente unseres Rechtsstaats ein, um Menschen in unserem Land vor rechtsextremistischen, rassistischen und antisemitischen Taten zu schützen. Der Anstieg zeigt auch: Es wird mehr ermittelt und es werden mehr Taten verfolgt.«
»Entscheidend ist, Straftäter schnell und konsequent vor Gericht zu bringen«, so Faeser. »Außerdem müssen wir weiter Rechtsextremisten ihre Einnahmen wegnehmen, ihre Waffen entziehen und ihre Netzwerke zerschlagen.« Die Polizeibehörden von Bund und Ländern gingen gemeinsam gegen Hasskriminalität vor, die den Boden für Gewalt bereiten könne.
Die Innenministerin mahnte Politik und Gesellschaft zudem, sich klar denen entgegenzustellen, die unverhohlen Rassismus und Menschenhass schürten: »Denn ein Klima der Ressentiments führt auch zu mehr rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten.«
Linke fordert grundsätzliche Konsequenzen
Die Linken-Bundestagsabgeordnete und Rechtsextremismus-Expertin Martina Renner sprach von einer alarmierenden Entwicklung. »Die Zahlen steigen in den vergangenen Jahren kontinuierlich um 20 bis 25 Prozent. Durchgreifende Maßnahmen der Innenpolitik, diese gefährliche Entwicklung zu stoppen, sind nicht in Sicht«, sagte sie.
Die Mehrzahl der Gewalttäter seien Erwachsene, allerdings sei der Anteil der jugendlichen Gewalttäter zuletzt angestiegen. »Wenn wir uns nicht an mehr als 3.000 Straftaten von Neonazis pro Monat gewöhnen wollen, müssen grundsätzliche Konsequenzen gezogen werden.«
Renner verwies dabei auch auf die AfD: »Der Zusammenhang zwischen dem Aufstieg der rechtsextremen AfD und der wachsenden rechten Gewalt ist erwiesen. Der Bundestag kann mit dem Antrag auf Prüfung der Verfassungswidrigkeit der AfD in Karlsruhe der wichtigsten Organisation der extremen Rechten ihre Funktion auch für die gewaltbereite Szene entziehen.« kna/dpa/ja