Der World Jewish Congress, der European Jewish Congress und der Zentralrat der Juden in Deutschland haben sich ausgesprochen kritisch zum Atomabkommen zwischen fünf UN-Vetomächten und Deutschland und dem Iran geäußert. »Ich wünschte, ich könnte die Euphorie über den Deal mit dem Iran teilen, doch sehe ich ihn angesichts des bisherigen Verhaltens des Ayatollah-Regimes äußerst skeptisch«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster am Dienstag.
Ein solcher Deal setze gegenseitiges Vertrauen voraus. Dies sei jedoch »mit einem Staat, der sich die Vernichtung Israels auf die Fahnen geschrieben hat und den Holocaust regelmäßig leugnet, nicht zu erreichen«. Große Sorge bereitet Schuster die kontinuierliche Aufhebung der Sanktionen, »obwohl offenbar kein direkter und zu jeder Zeit möglicher Zugang für internationale Inspekteure zu den militärischen Einrichtungen des Irans garantiert ist, welches dem Iran wiederum eine Verschleierung seiner atomaren Technologieentwicklung weiterhin erlauben würde«, so der Zentralratspräsident.
kontrolle Eine künftige internationale wirksame Kontrolle müsse gewährleistet sein, damit die wahren Ambitionen des Irans nicht erst bemerkt werden, wenn es bereits zu spät ist: »Ich hoffe, dass durch diese Einigung die Lage für Israel und den gesamten Nahen Osten nicht noch riskanter geworden ist«, sagte Schuster.
Auch der Präsident des World Jewish Congress (WJC), Ronald S. Lauder, kritisierte das Abkommen. Bis jetzt sei es »nur ein Stück Papier«, so Lauder. Es sei »kein rechtlich bindender Vertrag, und es gibt keinen Grund, dem Iran zu vertrauen, was die Umsetzung angeht«. Teheran habe eine lange Geschichte, die Welt irrezuführen.
Moshe Kantor, Präsident des European Jewish Congress (EJC), reagierte ebenfalls tief enttäuscht. »Die Details aus den Verhandlungen in Wien sind äußerst beunruhigend«, sagte er: »In fast alle wichtigen Fragen scheint es, dass der Iran gestärkt wird. Dieser Deal wird sich als Preis für Radikalismus herausstellen, und er wird als westliche Kapitulation gewertet werden.« Die Weltmächte hätten »allen Schurkenregimen auf der Welt eine Botschaft gesendet: Wenn ihr euch wie Nachbarschaftstyrannen aufführt, dann lohnt sich das«, so Kantor.
al-quds-tag WJC-Präsident Lauder kritisierte, erst am vergangenen Freitag habe die iranische Regierung Demonstrationen zum »Al Quds-Tag« gesponsert, bei denen Massen von Menschen wieder »Tod für Amerika« und »Tod für Israel« gerufen hätten. Dies sei ein Beispiel dafür, warum »wir nicht allzu optimistisch sein sollten«, so der WJC-Präsident.
Weiter sagte Lauder: »Ich fürchte, dass wir möglicherweise auf dem Weg zu einem Abkommen sind, das die iranische Wirtschaft wiederbelebt, aber das Regime langfristig nicht davon abhält, Atomwaffen zu entwickeln.« Dies hätte nach Lauders Einschätzung »katastrophale Folgen für die gesamte Region und die Welt«.
Weiter zitierte der WJC-Präsident ein bekanntes Sprichwort: »Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.« Er hoffe dennoch, dass der Iran sich schlussendlich fügen werde. Es sei zu diesem Zweck aber wichtig, dass die internationale Gemeinschaft weiterhin bereit sei, wieder Sanktionen zu verhängen, falls Teheran den Verpflichtungen des Abkommens nicht nachkomme.
Analyse Auch das American Jewish Committee (AJC) in Berlin äußerte sich skeptisch zum Atomdeal. Deidre Berger, Direktorin des AJC Berlin Ramer Institutes, sagte am Dienstag, der Iran unterstütze nach wie vor Terrorismus in der gesamten Region und weltweit und unterdrückt Minderheiten im eigenen Land, allen voran die Kurden und die Bahai. Der Abbau der Sanktionen gegen den Iran werde dem Regime in Teheran die ökonomischen Mittel an die Hand geben, seinen Einfluss in der Region noch weiter auszubauen und noch aggressiver zu agieren.
Unabhängig von der konkreten Vertragsausgestaltung sei es deswegen verfrüht, die Beziehungen mit Teheran zu normalisieren. Solange der Iran weiterhin die Vernichtung Israels fordere, die USA, europäische Staaten und Nachbarn in der Region als Todfeinde bezeichne und zugleich die Hisbollah und die Hamas mit Waffen beliefert, dürfe es kein »Business as usual« mit dem Iran geben, forderte Berger.
»Ein Regime, das die Menschenrechte seiner Bevölkerung mit Füßen tritt, darf kein Partner der deutschen Wirtschaft sein. Wir kritisieren daher die geplante Delegation des Bundeswirtschaftsministeriums in den Iran aufs Schärfste«, so die Direktorin des AJC Berlin Ramer Institutes.