Meinung

Raubkunst-Erlöse für Überlebende

Rüdiger Mahlo Foto: Claims Conference

Wem gehört NS-Raubkunst, wenn keine Erben ermittelt werden können, fragen Kommentatoren, nachdem die Agenturen erneut einen spektakulären Fall meldeten: »Gurlitt-Bild geht an Erben eines NS-Kasernenwarts«, hieß es.

Das Gemälde »Bergpredigt« des flämischen Barockmalers Frans Francken soll Valerie Honig gehört haben, die als Jüdin deportiert und ermordet wurde. Ihre Sammlung wurde von der Gestapo beschlagnahmt. Hildebrand Gurlitt soll das Bild im besetzten Frankreich erworben und 1943 an Adolf Hitler für das Führermuseum in Linz verkauft haben.

provenienz Das wertvolle Gemälde verschwand zusammen mit Hunderten anderer Kunstwerke am Ende des Zweiten Weltkriegs, als der Führerbau in München geplündert wurde. Im Mai dieses Jahres hat nun das Amtsgericht München das Bild den Erben des Kasernenwarts zugesprochen. Manche Kunsthistoriker bezweifeln, ob das von Gurlitt gekaufte Bild »Scene biblique« tatsächlich die »Bergpredigt« war. Ein Fall für die Provenienzforschung also. Kunsthistoriker werden über die Provenienz der »Bergpredigt« noch debattieren.

Doch unabhängig davon illustriert das Urteil des Amtsgerichts München ein grundsätzliches Problem. Schon der spektakuläre Schwabinger Kunstfund hat deutlich gemacht, dass in deutschen Sammlungen und in deutschen Wohnzimmern noch Werke zu finden sind, die einst den Opfern des Holocaust geraubt wurden. Ist es möglich, dass erbenlose NS-Raubkunst bei den Profiteuren des NS-Regimes oder bei deren Nachfolgern bleibt?

Es gibt nur eine Antwort auf diese Frage: Was Juden geraubt wurde, gehört der jüdischen Gemeinschaft und sollte den Überlebenden des Holocaust zukommen.

würde Hier ist nun die Politik gefragt. Sie muss ein Regelwerk schaffen, das der Moral folgt. Noch heute leben etwa die Hälfte der Holocaust-Überlebenden unter der Armutsgrenze. Sie sind auf Hilfe angewiesen.

Die Claims Conference hat aus dem Erlös von erbenlosen Vermögen im Jahr 2012 mit mehr als 150 Millionen Dollar soziale und medizinische Einrichtungen weltweit zugunsten von Holocaust-Überlebenden gefördert. Der Bedarf liegt jedoch höher, und mit dem Erlös aus erbenlosen Raubkunstbildern sollte man den Überlebenden einen Lebensabend in Würde ermöglichen.

Der Autor ist Deutschland-Repräsentant der Claims Conference.

Nahost

Gruppe von Deutschen verlässt Gaza

Die Ausreise aus dem wegen des Terrors durch Ägypten und Israel blockierten Gazastreifen ist seit Beginn des Krieges vor eineinhalb Jahren noch schwieriger geworden

 02.04.2025

USA

Washington überprüft Fördergelder für Harvard-Universität

Die Begründung auch hier: der Kampf gegen Antisemitismus

 02.04.2025

Kommentar

Erdoğans Vernichtungswahn ist keine bloße Rhetorik

Der türkische Präsident hat nicht nur zur Auslöschung Israels aufgerufen, um von den Protesten gegen ihn abzulenken. Deutschland muss seine Türkeipolitik überdenken

von Eren Güvercin  01.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig, hoffnungsvoll und vereint geblieben

von Alon David  01.04.2025

USA

Grenell könnte amerikanischer UN-Botschafter werden

Während seiner Zeit in Berlin machte sich Grenell als US-Botschafter wenig Freunde. Nun nennt Präsident Trump seinen Namen mit Blick auf die Vereinten Nationen. Aber es sind noch andere im Rennen

 01.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  01.04.2025

Judenhass

Todesstrafen wegen Mordes an Rabbiner in Emiraten

Ein israelischer Rabbiner wurde in den Vereinigten Arabischen Emiraten getötet. Der Iran wies Vorwürfe zurück, die Täter hätten in seinem Auftrag gehandelt. Drei von ihnen wurden zum Tode verurteilt

von Sara Lemel  31.03.2025

Vereinten Nationen

Zweite Amtszeit für notorische Israelhasserin?

Wird das UN-Mandat von Francesca Albanese um drei Jahre verlängert? Das Auswärtige Amt drückt sich um eine klare Aussage

von Michael Thaidigsmann  31.03.2025

Meinung

Marine Le Pen: Zu Recht nicht mehr wählbar

Der Ausschluss der Rechtspopulistin von den Wahlen ist folgerichtig und keineswegs politisch motiviert

von Michael Thaidigsmann  31.03.2025