»Holocaust-Überlebende prangern Israel an.« Was am Wochenende als Meldung durch die Medien ging, sah auf den ersten Blick aus wie eine Sensation. Mehr als 300 Überlebende der Schoa hätten in einer halbseitigen Anzeige in der New York Times am 24. August Israel ein »Massaker in Gaza«, gar »laufenden Genozid am palästinensischen Volk« vorgeworfen, war zu lesen.
Die Unterzeichner (aus Deutschland dabei unter anderem Felicia Langer und Rolf Verleger) reagierten damit auf eine zuvor in derselben Zeitung erschienene Anzeige Eli Wiesels, in der dieser die Hamas mit den Nazis verglichen hatte. »Wir sind angewidert und empört von Elie Wiesels Missbrauch der Geschichte«, zitierte ZEIT Online »die NS-Überlebenden«.
antizionistisch Bei genauerer Betrachtung relativierte sich die vermeintliche Sensation allerdings. »In einer früheren Version dieses Textes war fälschlich von 330 Überlebenden des Holocaust die Rede. Es handelt sich bei den 330 Unterzeichnern um mehrere Dutzend Holocaust-Überlebende und deren Nachkommen«, korrigierte Spiegel Online seine erste Meldung bald. In der Tat fallen fast 90 Prozent der Namen auf der Anzeige in die (selbst gewählten) Rubriken »Kinder von Überlebenden«, »Enkel von Überlebenden«, »Urenkel von Überlebenden« sowie »Andere Angehörige von Überlebenden«.
Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Schweiz, SRF, änderte auf seiner Website wenigstens die Überschrift. Aus »Gaza-Konflikt spaltet Israel« wurde »Gaza-Konflikt spaltet Juden« – was so aber immer noch nicht stimmt. Denn die Initiatoren der Anzeige sind nicht nur im Mainstream-Judentum minoritär, sondern selbst in der israelkritischen Linken eine extreme Randgruppe.
Das 2008 gegründete »International Jewish Anti-Zionist Network« (IJAN) mit Sitz in den USA ist nicht nur ein Gegner der israelischen Politik, es fordert die Auslöschung des jüdischen Staats als solchem. »Wir sind kompromisslos der ... Befreiung des palästinensischen Volkes und Landes verpflichtet. (...) Unser Ziel ist das Ende der israelischen Kolonisierung des historischen Palästinas«, heißt es in der Selbstdarstellung des Vereins auf seiner Website – eine Position, die so selbst die PLO nicht mehr offiziell vertritt.