Nach einem Angriff aus der »Querdenken«-Szene auf den dju-Landesgeschäftsführer für Berlin-Brandenburg, Jörg Reichel, ermittelt die Polizei wegen gefährlicher Körperverletzung und weiterer Straftaten. Die Bundesregierung verurteilte die Gewalttat scharf, die am Sonntag in Berlin aus einer Demonstration heraus gegen den Gewerkschafter verübt wurde.
Der Angriff sei absolut unverständlich und zu verurteilen, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Montag und sprach von einem »Missbrauch des Demonstrationsrechts«.
Laut Berliner »Tagesspiegel« wurde Reichel von Teilnehmern einer »Querdenken«-Demonstration vom Fahrrad gezerrt, getreten und geschlagen und musste danach im Krankenhaus behandelt werden. Die Täter hätten nur durch das Eingreifen von Passanten von ihm abgelassen, hieß es. Er habe Verletzungen an Schulter und Beinen erlitten.
Auch der Bundesvorstand, der Landesverband Berlin-Brandenburg und die dju-Bundesgeschäftsführung der Gewerkschaft ver.di verurteilten den Angriff scharf. »Diese brutale Gewalttat zeigt überdeutlich, dass es bei den sogenannten ›Querdenker‹-Demos nicht um Kritik und Meinungsfreiheit geht, sondern um eine Ansammlung von Feinden der Demokratie«, erklärte ver.di Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz am Montag in Berlin. Sicherheitsorgane und Behörden dürften die »selbsternannten ›Querdenker‹ nicht länger als Impfkritiker verharmlosen«.
»Wir erwarten, dass diese Gewalttat mit Nachdruck aufgeklärt und die Täter vor Gericht gestellt werden«, betonte Frank Wolf, ver.di-Landesbezirksleiter für Berlin-Brandenburg. Solche Taten seien besonders schwerwiegend, wenn sie gezielt gegen einzelne Personen begangen werden. »Wir werden alles daran setzen, dass die Täter schnell ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden«, erklärte dju-Bundesgeschäftsführerin Monique Hofmann.
Nach Angaben der Gewerkschaft wurde Reichel bereits seit Monaten von Personen aus der »Querdenken«-Szene diffamiert und bedroht. Sein Name und ein Foto hätten in einschlägigen Telegram-Kanälen kursiert. Reichel habe sich jedoch nicht einschüchtern lassen und die Demonstrationen weiter beobachtet sowie Journalistinnen und Journalisten unterstützt und sich für deren ungehinderte Arbeit eingesetzt.
Nach epd-Informationen hatte Reichel das Krankenhaus am Montag wieder verlassen. Körperlich gehe es ihm den Umständen entsprechend gut, sagte Hofmann dem epd in Berlin. Er sei jedoch traumatisiert und stehe für Anfragen derzeit nicht zur Verfügung.
In Berlin hatten sich am vergangenen Wochenende mehrere tausend Menschen über die Verbote von Demonstrationen der »Querdenken«-Szene gegen die Corona-Schutzmaßnahmen hinweggesetzt. Die Polizei sprach von rund 5.000 Beteiligten in verschiedenen Teilen der Stadt.
Bis zum Abend habe es fast 600 Festnahmen gegeben. Ein 49-jähriger Mann starb nach Polizeiangaben im Krankenhaus, nachdem er bei einer Identitätsfeststellung am Sonntagnachmittag über Kribbeln in Arm und Brust geklagt hatte. epd