Bekanntlich wiederholt sich Geschichte, wenngleich in unterschiedlichen Formen. Am 22. März hat die Stunde der Farce geschlagen, als sich in St. Petersburg ein neu-russischer antifaschistischer Vorhang öffnete.
Dahinter zeigte sich: Udo Voigt, der langjährige NPD-Vorsitzende. Mit ihm in der Arena fanden sich zahlreiche Vertreter der extremen europäischen Rechten – von Goldener Morgenröte aus Griechenland bis Ataka aus Bulgarien. Sie alle kamen auf Einladung der russischen Heimatpartei, deren Gründer und informeller Chef als Vizepremier in der russischen Regierung sitzt.
Kreml Wer diese Versammlung verharmlosen möchte, etwa mit dem Hinweis, auch die russische politische Landschaft sei eben divers, der sollte besser zum Arzt gehen. Schon lange findet in Russland keine Veranstaltung mehr statt, die nicht vom Kreml zumindest gebilligt wird. Noch letzte Woche versuchte die Polizei in St. Petersburg einen Vortrag des an sich harmlosen politischen Kommentators Stanislaw Bjelkowski zu verhindern, indem sie den Tontechniker abführte. Ersatzausrichtungsort war ein kleines aserbaidschanisches Café.
Für das Treffen der europäischen Nazis hingegen wurde eines der größten Hotels der Stadt ausgewählt. Gäste und Gastgeber waren sich dort einig: Erstens bestünden die größten Probleme Europas aus Schwulen, Zuwanderern und den USA. Zweitens sei keiner der Anwesenden ein Nazi. Na dann.
Ideologie Diese Zusammenkunft kann man nicht einmal mehr eine Provokation nennen. Es ist Ausdruck eines gigantischen Verwirrspiels, das die aktuelle Staatsideologie in Russland verursachen will: Wer für uns ist, ist Antifaschist. Alle anderen sind Nazis.
Gewissermaßen sollen sowjetische Kinderspiele nachgespielt werden: Da gab es immer Kämpfe zwischen »Rotarmisten« und »Faschisten«. Wer als Faschist zu gelten hatte, durfte immer derjenige bestimmen, vor dem alle anderen am meisten Angst hatten.