Russlands Präsident Wladimir Putin hat den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg beschimpft. »Ich habe viele jüdische Freunde, seit meiner Kindheit. Sie sagen: »Selenskyj ist kein Jude. Das ist eine Schande für das jüdische Volk««, sagte Putin am Freitag in der russischen Ostsee-Metropole.
Aus dem Publikum, wo unter anderem viele kremltreue Politiker sowie die Chefs mehrerer völkerrechtswidrig annektierter ukrainischer Gebiete saßen, erntete er für diese Aussage Beifall.
Moskau rechtfertigt seinen Angriffskrieg gegen das Nachbarland immer wieder mit der Propaganda-Behauptung, man müsse die Ukraine von angeblichen »Neonazis« befreien. Solche Aussagen sorgen international auch deshalb für großes Entsetzen, weil Selenskyj jüdisch ist. Außerdem sind unter den vielen Tausend Opfern russischer Angriffe in der Ukraine nachgewiesenermaßen auch mehrfach Holocaust-Überlebende gewesen.
Angesichts von schlimmsten Gräueltaten wie der Ermordung Hunderter Zivilisten in Butscha ist darüber hinaus immer wieder von einem russischen »Genozid« am ukrainischen Volk die Rede.
In der Ukraine konterte unter anderem Oberrabiner Mosche Asman Putins Aussagen: »Ich persönlich kann sagen, dass ich stolz auf Präsident Selenskyj bin, dass er nicht geflohen ist und alles für den Schutz des ukrainischen Volkes tut«, sagte Asman der Agentur Unian. »Ich denke, dass die ganze Welt stolz auf ihn ist.«
Moskau behauptet unermüdlich zu unrecht, die Führung in Kiew bestehe aus Neonazis und stehe in der Tradition des ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera (1909-59). Diesem werfen Historiker Kollaboration mit den Nazis und eine Mitverantwortung für die Ermordung von Polen und Juden im Zweiten Weltkrieg vor.
Putin ließ nun beim Wirtschaftsforum sogar einen mehrminütigen Propaganda-Film zum Weltkriegsgeschehen zeigen, der sich ausschließlich auf Gräueltaten von Bandera-Anhängern beschränkte. dpa