Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, hat eindringlich vor einem Zuwachs des Judenhasses in Deutschland durch den Gaza-Konflikt gewarnt. »Das sind die schlimmsten Zeiten seit der Nazi-Ära«, sagte Graumann der britischen Tageszeitung The Guardian. Auf den Straßen höre man Parolen wie »Die Juden sollen vergast werden«. Das habe es seit Jahrzehnten nicht mehr in Deutschland gegeben.
Graumann ergänzte, solche Slogans seien nicht dazu gedacht, israelische Politik zu kritisieren. »Es ist purer Hass auf Juden, nichts anderes«, sagte der Zentralratspräsident. Er warnte zudem, dies sei nicht nur ein deutsches Phänomen. Auch in vielen anderen europäischen Staaten wie Frankreich, Belgien, Italien und Holland hatte es im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg antisemitische Parolen auf antiisraelischen Kundgebungen gegeben.
Untätigkeit Zuvor hatte der Präsident des Zentralrats der Juden in einem Interview mit der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung muslimischen Verbänden vorgeworfen, zu wenig gegen Antisemitismus zu tun. »Sie versprechen es, aber konkrete Schritte muss man mit der Lupe suchen. Mehr Anstrengungen sind bestimmt nötig«, sagte Graumann. Angesichts der »schauderhaften Schockwellen von Antisemitismus« habe die jüdische Gemeinschaft ein klares Zeichen von muslimischen Verbänden erwartet.
Auch von der Mehrheitsgesellschaft hätte der Zentralratspräsident mehr Solidarität erwartet. In einem Gespräch mit der Badischen Zeitung wies er darauf hin, dass der Zentralrat der Juden »erst auf diese widerlichen Anfeindungen aufmerksam machen musste«.
Die antisemitischen Ausschreitungen bei sogenannten pro-palästinensischen Demonstrationen hätten die »schlimmsten Albträume« von Juden in Deutschland übertroffen, so Graumann. Vor diesem Hintergrund sei ein klares Signal der Zivilgesellschaft vonnöten gewesen: »Hier sehe ich mangelnde Sensibilität. Und sehr wenig Empathie dafür, dass unsere Seelen gerade sehr verwundet und verletzt sind.« ja (mit epd)