Schwerin

Prozess nach 71 Jahren?

Vernichtungslager Auschwitz Foto: dpa

Es geht um Beihilfe zum Mord in mindestens 3681 Fällen. Es geht um die planmäßige Tötung von Menschen, die im Spätsommer 1944 in 14 Deportationszügen in Auschwitz-Birkenau angekommen waren. Auch Anne Frank, deren Tagebuch später Weltruhm erringen sollte, war unter den Deportierten.

Der Prozess, der nach dem Willen der Staatsanwaltschaft Schwerin nun wegen »Beihilfe zum Mord durch grausame und heimtückische Tötung« vor dem Landgericht Neubrandenburg stattfinden soll, gilt dem 94-jährigen Hubert Z. Der war im August und September 1944 als SS-Unterscharführer in Auschwitz in der SS-Sanitätsstaffel tätig. Vorher war er in anderen KZs im Einsatz.

Dem Angeklagten, der vor einem Jahr für kurze Zeit in Untersuchungshaft saß und der 1948 von einem polnischen Gericht wegen seiner Zugehörigkeit zur SS bereits zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden war, drohen nun drei bis 15 Jahre Haft. Z. habe, so die Staatsanwaltschaft, gewusst, dass der Zweck des Lagers Auschwitz-Birkenau die Vernichtung von Menschen gewesen sei.

Mordfabrik »Im Bewusstsein dessen hat sich der Angeschuldigte in die Lagerorganisation eingefügt und damit funktionell an dem Vernichtungsgeschehen mitgewirkt und die Morde befördert«, so Oberstaatsanwalt Stefan Urbanek. Sein Kollege, Oberstaatsanwalt Hans Förster, sagte, der Angeklagte habe sein Wissen, dass Auschwitz eine Mordfabrik war, eingeräumt, aber auf sehr gleichgültige Weise. »Der Angeschuldigte äußert sich indifferent«, so Förster zur Schweriner Volkszeitung.

Z. wird von dem letzten Innenminister der DDR und früheren CDU-Politiker Peter-Michael Diestel verteidigt. Der teilte in einer Erklärung mit, er halte es für »unredlich«, wenn nun »die letzten Überlebenden« als Symbole »zur kollektiven Gewissensberuhigung auf die Anklagebank geführt werden«. Z. sei lediglich »als Krankenpfleger« tätig gewesen. Diestel erkenne keinen »konkreten, strafrechtlich relevanten Tatbeitrag« seines Mandanten.

Wann – und ob überhaupt – das Hauptverfahren vor dem Schwurgericht des Landgerichts Neubrandenburg gegen Z. eröffnet wird, ist nicht abzusehen. Das Gericht prüft derzeit.

Die Anklage gegen Z. ist möglich geworden durch die Wiederaufnahme von Ermittlungen durch die Zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg im Jahr 2013. In Mecklenburg-Vorpommern wurde seit 1994 in 15 Fällen gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher ermittelt. Der Fall Z. wäre der erste, der in einen Prozess mündet. Trotz eines anderslautenden psychologischen Gutachtens geht die Staatsanwaltschaft von einer Verhandlungsfähigkeit Z.s aus.

Pandemie-Aufarbeitung

Virologe Streeck vergleicht Corona-Ungeimpfte mit Juden

»Es wurden Schuldige gesucht, wie es bei der Pest mit den Juden gemacht wurde und bei HIV mit den Homosexuellen«, so Streeck

 01.11.2024

Deutschland

Außenministerin Baerbock schließt alle iranischen Generalkonsulate

Die Bundesregierung reagiert damit auf die Hinrichtung von Djamshid Sharmahd

 31.10.2024

Australien

Thom Yorke stellt Störer zu Rede

Der Konzertteilnehmer hatte den Sänger aufgefordert, sich zum Gaza-Krieg zu positionieren

 31.10.2024

Düsseldorf

Überraschender Wechsel: Löhrmann wird Beauftragte gegen Antisemitismus

Sie folgt auf Ex-Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, die im November 2018 als erste Antisemitismusbeauftragte von NRW ihr Amt antrat

von Andreas Otto  31.10.2024

Zeitz

Herausgerissene Stolpersteine werden Ende November ersetzt

Am 7. Oktober wurden sämtliche Stolpersteine in der sachsen-anhaltinischen Stadt herausgerissen und gestohlen

 31.10.2024

Meinung

Können Juden noch SPD wählen?

Nach dem antizionistischen Post von Aydan Özoğuz fordert David Rosenberg seine Partei auf, klare Konsequenzen zu ziehen

 30.10.2024

Libanon

Hisbollah-Chef angeblich offen für Kriegsende

Naim Kassim sei unter den richtigen Bedingungen bereit für Frieden. Welche das sind, verrät er nicht

 30.10.2024

Berlin

Israelsolidarische Kneipe »Bajszel« attackiert

Zum wiederholten Mal gab es einen mutmaßlich antisemitischen Anschlag auf die Neuköllner Kulturkneipe

von Ralf Balke  30.10.2024

Libanon

Acht UN-Soldaten bei Raketenbeschuss leicht verletzt

Die UN schreiben den Angriff der Hisbollah zu

 29.10.2024