Dass Gerechtigkeit ein Volk erhöht, war für viele zur Zeit des Ersten Weltkrieges geborene Jüdinnen und Juden die Essenz ihres Judentums, weshalb sie sich entschlossen an der Seite der politischen Linken engagierten.
Jakob Moneta, der als Sohn eines jüdischen Fabrikanten 1914 in Galizien geboren und dort religiös erzogen wurde, musste als kleines Kind wegen eines Pogroms mit seinen Eltern nach Köln fliehen. 1933, in jenem Jahr, in dem Hitler von den bürgerlichen Parteien die Macht zugeschoben wurde, machte er im Rheinland Abitur.
kibbuz Ende 1933 floh Moneta als Aktivist in sozialistischen Verbänden – sowohl dem linkszionistischen Haschomer Hazair als auch der Sozialistischen Arbeiterpartei – aus Deutschland ins damals von Großbritannien verwaltete Palästina und wurde Mitglied eines Kibbuz.
Keine drei Jahre später, 1936, kamen ihm Zweifel an der gewaltsamen Niederschlagung des arabischen Aufstandes. Da wurde Jakob Moneta aus dem Kibbuz ausgeschlossen, und er ging auf Distanz zum Zionismus. Jahre später gab er über die arabischen »Feinde« von damals zu Protokoll: »Wir, die wir selber Opfer Hitlers sind, verüben an ihnen Unrecht. Wenn wir es ernst meinen mit unserem Internationalismus, müssen wir einen Weg suchen zu diesen arabischen Massen.«
Als Vorkämpfer für einen Achtstundentag in Palästina und für gemeinsame Aktionen von jüdischen und arabischen Arbeitern geriet er ins Visier der britischen Mandatsmacht. Mehr als zwei Jahre wurde Moneta von den Briten interniert.
Politisch hellsichtig, moralisch ungebrochen, in Handeln und Haltung konsequent, verdammte Jakob Moneta Stalin und den Stalinismus von Anfang an, weshalb er, anders als die meisten anderen linken jüdischen Emigranten nicht in die SBZ, die spätere DDR, sondern in die Bundesrepublik ging, als er zurückkehrte. Dort wurde er zunächst Redakteur der sozialdemokratischen »Rheinischen Zeitung«, 1950 Mitglied der SPD, um von 1953 bis 1962 als Sozialattaché an der Botschaft der Bundesrepublik in Paris zu wirken.
metall 1962 wieder in Köln, wurde Moneta 1963 zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der westdeutschen Gewerkschaftsbewegung: Als Chefredakteur des in Frankfurt am Main ansässigen Gewerkschaftsmagazins »Metall« machte er aus diesem Verbandsblatt eine meinungsstarke, politische Plattform – eine Position, die er bis 1978 innehatte. Dabei förderte er unter anderem den jungen Günter Wallraff und engagierte sich für den antikolonialen Befreiungskampf der Algerier. 40 Jahre nach seinem Eintritt in die SPD, 1990, wurde er, dessen Mitgliedschaft bei der trotzkistischen Gruppe Internationaler Marxisten rund um den belgischen Ökonom und Theoretiker Ernest Mandel seit Jahren kein Geheimnis war, wegen »Unterstützung der Bestrebungen der PDS« aus der SPD ausgeschlossen.
Moneta, der mit anderen 1976 den vom SED-Staat bedrängten Wolf Biermann in die Bundesrepublik eingeladen hatte, wurde nach seinem Ausschluss aus der SPD erst einfaches, dann – 1995 – Vorstandsmitglied der PDS, die er unter anderem deshalb schätzte, weil dort zum ersten Mal in einer linken deutschen Partei kein Fraktionsverbot herrsche. Wolf Biermann indes sollte ihm sein Engagement nicht danken und attackierte ihn als »Stasi-Agenten«.
schabbat Nach Erreichen der Altersgrenze reiste, schrieb und beriet Jakob Moneta unermüdlich, besuchte Freunde und unterstützte Streiks. Seine letzten Jahre verbrachte er im jüdischen Seniorenheim in Frankfurt am Main, wo seine Tochter, Dalia Moneta, alle Hände voll zu tun hatte, ihren Vater vor der einbeutenden Zudringlichkeit einstiger Genossen zu schützen. Ihre literarischen Erinnerungen an die mit ihrem Vater in den 1950er-Jahren in Knokke, an der belgischen Küste, verbrachten Ferien bezeugen die Leidenschaft, mit der jüdische Linke, Trotzkisten, Stalinisten, Zentristen auf Deutsch, Jiddisch oder Französisch, bei Tee und am Schabbat, in guter Seeluft über die Verbesserung der Welt stritten.
Die jüdische Mystik, die Kabbala, gibt den Menschen auf, an der Heilung der Welt, am »Tikkun Olam« mitzuwirken. Ja-
kob Moneta, der am 3. März im gesegneten Alter von 97 Jahren in Frankfurt gestorben ist, hat dafür sein Bestes gegeben.