Antisemitismus

Jüdische Gemeinden kritisieren sächsischen AfD-Chef scharf

In Sachsen wurde die AfD um Landesparteichef Jörg Urban zweite Kraft Foto: picture alliance/dpa

Die Welt des Jörg Urban ist eine schlichte. Denn aus Sicht des sächsischen AfD-Vorsitzenden gibt es nur diejenigen, die mit seiner Partei keinerlei Probleme haben. Wer sie aber ablehnt, mache dies nicht aus freien Stücken, sondern allein aufgrund finanzieller Abhängigkeiten vom Staat. »Das sind Gefälligkeitsaussagen, die man nicht ernst nehmen muss.« So jedenfalls lautete Urbans Antwort am Wahlabend am Sonntag auf die von ARD-Moderatorin Julia Krittian präsentierte Liste von Verbänden und Institutionen, die im Vorfeld der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen explizit vor einer Wahl vor der AfD gewarnt hatten. Genannt wurden von ihr unter anderem die evangelische und die katholische Kirche, die Gewerkschaft der Polizei, die Industrie- und Handelskammern, der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebauer sowie die jüdischen Landesverbände.

Auf den Einwand von Julia Krittian, dass die jüdischen Landesverbände gewiss keine Staatsunternehmen oder Institutionen des Staates seien, antwortete Urban: »Die werden alle mit öffentlichen Geldern gefördert, das muss man sagen (…) Man muss unterschieden zwischen der Führungsebene, die von staatlichen Geldern lebt, und die Menschen, die wirklich betroffen sind.«

Urban beweist mit seinen Worten, dass das Schlichte nicht immer nur »einfach gestrickt« heißt, sondern auch voller Ressentiments steckt. Zum einen klingt das alles nach dem altbekannten Satz »Man wird ja noch sagen dürfen …«, woraufhin gerne das zur Sprache kommt, was angeblich alles tabu sei und mehr über denjenigen preisgibt, der es sagt, als zur Sache selbst. Zum anderen, und das bringt der Publizist Alan Posener in der Tageszeitung »Die Welt« exakt auf den Punkt, geht es um »alte antisemitische Vorurteile, denen zufolge ›der Jude‹ für Geld alles tun würde«, also auch im Auftrag der Regierungsparteien gegen die AfD Hetze betreiben.

Es gibt aber eine weitere Bedeutungsebene, und das ist das Unverständnis eines Jörg Urban darüber, wie Demokratie eigentlich funktioniert. Oder anders formuliert: Politik kennt der AfD-Mann wohl nur in der Befehlsform. »Meine Tätigkeit ist gewiss keine Auftragsarbeit, ganz nach dem Motto: ›Wer mich finanziert, dessen Lied singe ich‹ « sagt Nora Goldenbogen.

»Wir werden gerne im Zusammenhang im Zusammenhang mit Geld erwähnt«

»Bei 300 Euro Aufwandsentschädigung im Monat, die ich für meine ehrenamtliche Arbeit erhalte und eine demokratische Entscheidung der Gremien war, klingt das mit den Gefälligkeiten, die man alle im Auftrag des Staates erledige, auch reichlich absurd«, so die Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der jüdischen Gemeinden. Selbstverständlich bekomme man Mittel vom Staat, nur fließen die alle in die konkrete Gemeindearbeit, sprich Finanzierung von Kindergarten, Instandhaltung von Synagogen oder die Pflege des Friedhofs. »Aber so funktioniert der Antisemitismus der AfD. Wir werden gerne im Zusammenhang mit Geld erwähnt.«

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»Die Äußerungen eines Jörg Urban sind einfach nur empörend und tun weh«, sagt auch Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen. »Ich bekomme übrigens kein Geld vom Staat, mache meine Arbeit rein ehrenamtlich. Aber solche Fakten scheinen Jemanden wie Jörg Urban nicht zu interessieren.« Für ihn sind Äußerungen wie die des sächsischen AfD-Vorsitzenden schlimmer als manches, was man von Björn Höcke bereits zu bekam. »Vielleicht muss man den Herren noch einmal daran erinnern, dass wir nach 1945 quasi bei null anfangen mussten, weil die Nazis uns vorher alles geraubt hatten.«

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