In Berlin ist am Sonntagmittag der Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage des Zentralrats der Juden in Deutschland verliehen worden. Ausgezeichnet wurden der Fußballverein Tennis Borussia Berlin für sein Engagement gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus und die bundesweite Initiative »Omas gegen Rechts« für ihre Kampagnen gegen
Antisemitismus und Rassismus. Ihr war der Preis bereits 2020
zuerkannt worden, die Auszeichnung konnte jedoch coronabedingt nicht
zeitnah überreicht werden.
Engagement Im vergangenen Jahr hatte Tennis Borussia Berlin durch seinen Einsatz eine Änderung der Spielordnung des
Nordostdeutschen Fußballverbands erreicht. Seitdem sei Trikotwerbung
gestattet, die diskriminierenden oder verfassungsfeindlichen
Bestrebungen entgegenwirken soll.
Die zivilgesellschaftliche und überparteiliche Initiative »Omas
gegen Rechts« beteilige sich an Demonstrationen gegen Antisemitismus
und Rassismus und für Toleranz und Menschenwürde, hieß es weiter. In
jüngster Zeit habe sie sich auch stark gegen die
verschwörungsideologische Szene engagiert.
Zentralratspräsident Josef Schuster betonte in seiner Rede, dass es neben den Preisträgern »viele Millionen Menschen in unserem Land gibt, die für die Demokratie eintreten. Das sollten wir nicht übersehen, wenn die Gegner der Demokratie gerade besonders laut sind.« Zugleich warnte Schuster vor einer wachsenden Radikalisierung der Bevölkerung durch die Corona-Pandemie und appellierte: »Wir brauchen eine mutige Zivilgesellschaft, die Haltung zeigt und sich in ihrer demokratischen Überzeugung nicht beirren lässt.«
Eindeutigkeit Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, wie wichtig es ist, eindeutig Haltung zu beziehen, keinen Raum für Mehrdeutigkeit zu lassen, wenn es um Zivilcourage, gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus geht. Paus dankte den Preisträgern für ihr Engagement. »Sie tragen ihren Mut und ihre Leidenschaft für Vielfalt und Demokratie in die ganze Breite unserer Gesellschaft. Sie sind wahre Vorbilder.«
In ihrer Dankesrede sagte die Gründerin der deutschen Initiative »Omas gegen Rechts«, Anna Ohnweiler, dass die gemeinsame Preisverleihung mit TeBe auch den Zusammenhalt der Generationen und die gemeinsamen Ziele zeige: »Wir wollen in einem Deutschland leben, in dem alle Menschen, unabhängig woher sie kommen, unabhängig welche Hautfarbe oder Religion sie haben, gemeinsam Zukunft gestalten.« Der Preis sei so wertvoll, »weil er uns zeigt, dass wir wahrgenommen werden. Vor allem, dass es uns auch in unserem Alter noch gelingt, Zeichen zu setzen, auch wenn es nicht allen gefällt.«
»Vereine und Verbände könnten es sich einfach machen. Sie könnten sagen: Politik geht uns nichts an, wir spielen nur Fußball. Aber das stimmt eben nicht«, sagte Tobias Schulze, Vorstandsmitglied von Tennis Borussia Berlin in seiner Dankesrede. Es gebe im Fußball Nazis und Rassisten, es gebe Hass und Diskriminierung, betonte er: »Wer dazu schweigt, überlässt ihnen den Raum. Wer Farbe bekennt, kann etwas verändern.« Der Paul-Spiegel-Preis mache in diesem Jahr Mut, sich zwischen den beiden Optionen für die richtige zu entscheiden, sagte Schulz.
Laudatio Die Autorin und Publizistin Carolin Emcke bekannte in ihrer Laudatio, dass sie »nicht allein mit Freude, sondern nur zugleich mit Unbehagen und mit zornigem Schmerz« spreche. Denn diesen Preis für Zivilcourage zu verleihen, bedeute, dass es tiefsitzenden, machtvollen Antisemitismus gebe, und es bürgerlichen Mut brauche, nicht wegzuschauen, sondern dagegen einzuschreiten. Der Grund für diese Auszeichnung liege im wachsenden Antisemitismus. Es brauche den Widerspruch, den wachen Einspruch, »nicht nur vom Zentralrat der Juden, nicht nur von Jüdinnen und Juden, sondern von allen in dieser demokratischen Gesellschaft.«
Das zeichne die Zivilcourage der Preisträgerinnen und Preisträger aus, dass sie sich einer Ideologie oder Praxis entgegenstellt, sich nicht wegduckt, sich nicht schont oder schützt.
Die »Omas gegen Rechts« hätten sich gegen das Zuschauen entschieden, sie wollten verhindern, dass geschieht, was geschieht. Und dass dieser Einspruch von Großmüttern komme, spiele eine außerordentliche Rolle, haben eine ungeheure politische Wucht, so Emcke. Und dies könne immer als heiter und wirklich vergnügt wahrgenommen werden. Das scheine etwas zu sein, was die Preisträgerinnen und Preisträger gemeinsam haben: »Nicht nur die Zivilcourage, nicht nur den Mut, sondern diesen wirklich gehörigen Spaß, den es ihnen macht, den rassistischen, homo- oder frauenfeindlichen, antisemitischen Gegenüber ihre humanistische Lebensfreude, ihren Witz, ihre Lust auf eine andere Gesellschaft entgegenzuhalten.«
So sei auch Tennis Borussia Berlin das, was man sich im Fußball wünsche, was möglich ist. »Jeder, der politisch halbwegs alle Latten am Zaun hat, muss auch Tebe-Fan sein.« Bei diesem Verein und seinen Fans verbinde sich leidenschaftlicher Fußball mit dem leidenschaftlichen Respekt vor Vielfalt.
Für die Publizistin Carolin Emcke war es als Fußballfan und als Enkelin der besten Oma der Welt, wie sie sagte, eine Freude, die Laudatio auf die beiden Vereine zu halten. »Die Omas gegen Rechts haben sich gegen das Zuschauen entschieden. Sich zu entscheiden, ihre Zeit gegen Rechts, Rassismus und Antisemitismus einzusetzen, verdient unseren aller tiefsten Respekt und Dank.«
Der mit 5000 Euro dotierte Preis für Zivilcourage wird seit 2009
in Erinnerung an den früheren Zentralratspräsidenten Paul Spiegel, sel. A. (1937–2006) vergeben. Bisherige Preisträger waren unter anderem die
Journalistin Andrea Röpke oder der damalige Landespolizeipräsident in Sachsen, Bernd Merbitz. epd/ddk/kat
Lesen Sie dazu mehr in der kommenden Ausgabe.