Die Hamburger Patriotische Gesellschaft von 1765 hat zum Schutz ihres Ehrenmitglieds Esther Bejarano vor rechter Gewalt aufgerufen. Die 94-jährige Auschwitz-Überlebende stehe auf der antisemitischen Internetseite »judas.watch«.
Diese sammle Namen angeblicher »Verräter an weißen Personen« und wolle »jüdischen Einfluss« dokumentieren, teilte die Gesellschaft am Donnerstag in Hamburg mit. Ihr Name sei auf der Liste mit einem gelben Stern markiert, wie ihn Juden in Nazi-Deutschland tragen mussten.
bundeskriminalamt Laut einem ARD-Bericht von Mittwoch sehe das Bundeskriminalamt keinen Anlass zum Eingreifen, da keine unmittelbare Gefahr bestehe, so die Patriotische Gesellschaft. Angesichts der Tötung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sei das »eine bemerkenswert unsensible Wahrnehmung«. Die Liste stehe für jedermann zugänglich im Internet und sei »in diesen Zeiten rechtsradikaler Mordlust eine indirekte Aufforderung, sich Opfer zu suchen«.
Die internationale Internetseite »judas.watch« listet den Angaben zufolge mehr als 1750 Namen auf. In der deutschen Version sind die Namen von rund 380 Menschen verzeichnet, darunter Politiker aller großen Parteien, aber auch Prominente aus Medien, Show-Business, Wirtschaft sowie von Verbänden. Vermeintlich jüdische Personen sind mit einem Stern gekennzeichnet.
zeitzeugin Bejarano, 1924 in Saarlouis geboren, gehörte zum sogenannten Mädchenorchester von Auschwitz. Die Künstlerin besucht seit über 30 Jahren unter anderem Schulen und führt Zeitzeugengespräche mit Jugendlichen. Sie engagierte sich in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten und im Internationalen Auschwitz-Komitee. 2012 erhielt sie das Große Bundesverdienstkreuz.
Die Patriotische Gesellschaft von 1765 wurde als Hamburgische Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe in der Epoche der Aufklärung gegründet. Sie engagiert sich nach eigener Darstellung »für die Förderung von Wissenschaft und Bildung, die Fürsorge für Bedürftige, die Studentenhilfe sowie die Förderung der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und der Völkerverständigung«. Im Jahr 2015 hat die Patriotische Gesellschaft für ihre im Nationalsozialismus ausgeschlossenen jüdischen Mitglieder Stolpersteine verlegen lassen. kna/ja