Rom

Papst Pius XII. bekam im Zweiten Weltkrieg 10.000 Briefe von Juden

Er war »Der Stellvertreter«: Die Haltung des italienischen Papstes im Zweiten Weltkrieg ist umstritten. Nun wurden 10.000 Bittschreiben von Juden entdeckt. Die meisten bekam Pius wohl nie zu Gesicht

von Christoph Sator  07.02.2025 09:40 Uhr

Papst Pius XII. im Jahr 1958 Foto: picture alliance / opale.photo

Er war »Der Stellvertreter«: Die Haltung des italienischen Papstes im Zweiten Weltkrieg ist umstritten. Nun wurden 10.000 Bittschreiben von Juden entdeckt. Die meisten bekam Pius wohl nie zu Gesicht

von Christoph Sator  07.02.2025 09:40 Uhr

Im Zweiten Weltkrieg hat der damalige Papst Pius XII. nach ersten Erkenntnissen einer neuen Studie 10.000 Bittbriefe verfolgter Juden erhalten - die allermeisten davon aber nie zu sehen bekommen.

Demnach gelangte nur etwa ein Zehntel der Briefe - etwa 1000 - aus verschiedenen europäischen Ländern im Vatikan tatsächlich bis zum Oberhaupt der katholischen Kirche. Alle anderen wurden zuvor von seinem Stab bearbeitet oder abgelegt.

Zu diesem Ergebnis kommt ein Team um den Kirchenhistoriker Hubert Wolf aus Münster, das seit März 2020 Zugang zu den vatikanischen Archiven hat - auch zum Privatarchiv von Pius XII.. Der Italiener, der früher als Vatikan-Botschafter in Deutschland tätig war, wurde 1939 kurz vor Kriegsbeginn zum Papst gewählt und blieb es bis zu seinem Tod 1958. Seine Rolle in der NS-Zeit ist umstritten.

Professor: Vatikan versuchte zu helfen

Wolf hält sich mit einer Wertung zurück, weil das Projekt unter dem Titel »Asking the Pope for Help« (»Den Papst um Hilfe bitten«) längst noch nicht abgeschlossen ist.

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Auf die Frage, wie vielen Juden Pius XII. tatsächlich geholfen habe, sagte der Professor: »Ich habe den Eindruck, dass der Vatikan in einer größeren Zahl von Fällen versucht hat, zu helfen.« Auf eine genauere Zahl oder auch nur eine Schätzung wollte er sich nicht festlegen. In der Nazi-Zeit wurden sechs Millionen Juden ermordet.

Wolf verwies darauf, dass der Papst »sehr abhängig« von seinen Mitarbeitern gewesen sei. In seiner Umgebung habe es Judenfreunde und Judenhasser gegeben. Pius XII. selbst sei sicher »kein Rasse-Antisemit« gewesen. Etwa seit den 1960er Jahren werfen viele dem Pontifex vor, zum Holocaust geschwiegen und damit versagt zu haben. Darum geht es auch im Drama »Der Stellvertreter« von Rolf Hochhuth. Es gibt aber auch Historiker, die ihn in Schutz nehmen.

Mehr als 800 Briefe in deutscher Sprache

Der Studie zufolge baten während der NS-Zeit insgesamt 15.000 Juden aus ganz Europa um Hilfe. Die Schreiben - 17.400 Seiten - waren in mehr als 1000 Schachteln in sechs Archiven verteilt. Darunter sind nach Wolfs Angaben allgemeine Aufforderungen, dass Pius XII. gegen den Holocaust eintreten solle, aber auch Bitten um Pässe, Visa, Geld oder Hilfe bei der Suche nach Freunden und Verwandten.

Die Forscher entdeckten auch 864 Briefe in deutscher Sprache - viele davon im Privatarchiv des Papstes, das erst seit vergangenem Jahr zugänglich ist. Die Aktenbestände des Kirchenstaats aus der damaligen Zeit waren lange geheim. Erst der heutige Papst Franziskus ließ sie vor fünf Jahren für die Wissenschaft öffnen.

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