Frau Szackamer, an diesem Donnerstag erfolgt der feierliche Spatenstich für die Jüdische Akademie. Was bedeutet Ihnen dieser Baubeginn?
Das ist für mich wie ein Traum. Es war ein langer, harter Weg dorthin. 2013 hat der damalige Zentralratspräsident Dieter Graumann den Impuls gegeben, Josef Schuster hat als sein Amtsnachfolger diesen weitergetragen und weiterentwickelt. Damals begannen wir die Bildungsoffensive des Zentralrats, die sich jetzt mit der Akademie auch baulich darstellen wird. Ich kann nur nochmals sagen: Ein Traum wird wahr.
2013 nahm die Bildungsabteilung ihre Arbeit auf, entsteht jetzt daraus die Akademie?
Die Bildungsabteilung des Zentralrats hat mit ihrer hervorragenden Arbeit das Fundement gelegt. Hier wurden Seminare und Konferenzen veranstaltet, Fortbildungen für Gemeindemitglieder oder -mitarbeiter organisiert. Sie hat sich seitdem der Vermittlung jüdischen Wissens, der Diskussion von Fragen der Religion, Ethik, Geschichte, Kultur und anderer Fragen des jüdischen Alltags gewidmet. Die Erinnerung an die Schoa ist dabei ebenso von besonderer Bedeutung wie die Beziehung zu Israel und der Kampf gegen Antisemitismus. Die Angebote der Bildungsabteilung unter Leitung von Sabena Donath und Doron Kiesel haben eine stetig zunehmende Wahrnehmung und Verbreitung gefunden.
Wie hat sich diese Arbeit unter den besonderen Pandemiebedingungen verändert?
Ich spreche ungern von Problemen, lieber von Herausforderungen. Doch die Pandemie hat auch die Bildungsabteilung vor ganz besondere Herausforderungen gestellt. Natürlich fehlen uns die Konferenzen und Seminare. Aber ich denke, dass wir es geschafft haben, das Angebot in anderer Form aufrechtzuerhalten und auf digitalem Weg zu den Menschen nach Hause zu kommen. Die Resonanz und Akzeptanz ist sehr gut. Aber ich hoffe doch, dass bis zur Fertigstellung der Akademie wieder normale Bedingungen herrschen, wir unsere Veranstaltungen in gewohnter Präsenz durchführen können, die Akademie damit wirklich ein Ort der Begegnung wird.
Die Akademie soll einen Rahmen bieten, in dem sich Menschen treffen, kennenlernen und Kontroversen austragen können. Wird das auch ein Ort der Pluralität?
So wie unter dem Dach des Zentralrats alle religiösen Strömungen des Judentums vertreten sind, werden sie es auch unter dem Dach der Jüdischen Akademie sein. Dies soll ein neuer intellektueller Mittelpunkt innerhalb der jüdischen Gemeinschaft sein. Schon in der Bildungsabteilung haben wir unsere Angebote unter anderem mit den Rabbinerkonferenzen, der Studierendenunion und der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg, der ZWST und Makkabi realisiert. Die Akademie soll auch ein Ort für interreligiösen und interkulturellen Austausch werden, wie die Evangelische und Katholische Akademie.
Die Akademien der beiden Kirchen befinden sich in Berlin, weil sie, wie es heißt, das gesellschaftliche Gespräch in der Bundeshauptstadt mitgestalten wollen. Warum hat sich die Jüdische Akademie für Frankfurt entschieden?
Zum einen hat die Vertretung der jüdischen Gemeinschaft, der Zentralrat der Juden, den Sitz in Berlin. Zum anderen hatte die Bildungsabteilung von Anfang an ihr Büro in Frankfurt. Vielleicht auch deshalb haben wir hier die größte Unterstützung für unser Projekt erfahren. Und nicht zuletzt steht die Jüdische Akademie in der Tradition des Freien Jüdischen Lehrhauses, das in den 1920er-Jahren von Franz Rosenzweig hier gegründet und geleitet wurde.
Was erhoffen Sie sich jetzt für das Projekt?
Ich freue mich, dieses Vorhaben auch in dieser Phase begleiten zu dürfen, wobei meinem Präsidiums-Kollegen Harry Schnabel ein ganz besonderer Dank gilt, weil er vor Ort die Realisierung des Projekts voranbringt. Ich hoffe, dass der Bau reibungslos läuft, und wünsche mir, dass die Akademie dann entsprechend der Zeitplanung fertig wird und wir das Haus mit Leben füllen können.
Mit der Dezernentin für Bildung und Jugend des Zentralrats der Juden in Deutschland sprach Detlef David Kauschke.