Glosse

»Oops! … I Did It Again«

»Mit dem Licht der Chanukka-Kerzen vergrößert sich der Lichtkegel von Vielfalt, Demokratie und Menschenwürde. Sie bereichern uns alle«: Designierte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Foto: imago images/Jürgen Heinrich

»Oops! … I Did It Again« war einer jener Hits, die Britney Spears zu Weltruhm verhalfen. »Cause to lose all my senses, that is just so typically me«, sang die Amerikanerin im Jahr 2000.

Das könnte man auch über Annalena Baerbock sagen. Zumindest nach dem Tweet, den sie am Sonntagnachmittag absetzte. »Mit dem Licht der Chanukka-Kerzen vergrößert sich der Lichtkegel von Vielfalt, Demokratie und Menschenwürde. Sie bereichern uns alle.«

VERANTWORTUNG Zwei Sätze, die – mal abgesehen von der allzu esoterisch-süßlichen Note, die sie verströmen – der designierten Bundesaußenministerin nun wieder Hohn und Spott von der versammelten Twitter-Gemeinde einbringen. Warum? Weil Baerbock es schon wieder getan hatte.

Im Juni kam heraus, dass sich die damalige Kanzlerkandidatin für ihr Buch Jetzt. Wie wir unser Land erneuern kräftig bei anderen Autoren bedient hatte, ohne dies kenntlich zu machen. Viele vermuteten, dass da Ghostwriter oder Mitarbeiter am Werk gewesen waren. Doch ganz Chefin nahm Baerbock die Verantwortung auf die eigene Kappe. Das führte jedoch dazu, dass ihr Wahlkampf aus der Spur geriet. Am Ende blieb Baerbock der Einzug ins Kanzleramt verwehrt.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

ZEITMANGEL Immerhin gelobte sie Besserung und versprach, ihr Buch an den entsprechenden Stellen zu überarbeiten und Quellenangaben beizufügen. Auch daraus wurde am Ende nichts - Zeitmangel wurde als (absolut plausibler) Grund genannt. Das Buch ist mittlerweile aus dem Verlagsprogramm geworfen worden, fünf Monate nach Erscheinen war die Halbwertszeit bereits erreicht. Den meisten Leuten war’s eh gleichgültig: Der Wahlkampf war gelaufen, das Baerbock-Buch eindeutig Schnee von gestern.

»Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, nichts hindert mich, weiser zu werden«, sagte Konrad Adenauer einmal. Der erste Teil des Satzes ist den meisten Leuten weiterhin präsent (der zweite weniger). Aber ist Baerbock tatsächlich weiser geworden? Oder kümmert sie eben nur ihr »Geschwätz« von gestern - ihr Versprechen, es künftig besser zu machen - nicht mehr?

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Jedenfalls stammte auch die Chanukka-Botschaft nicht von ihr. Sondern von keinem Geringeren als ihrem Co-Vorsitzenden Robert Habeck. Der hatte den Satz von den Kerzen und dem Lichtkegel von Vielfalt, Demokratie und Menschenwürde nämlich in absolut identischer Form bereits einmal benutzt: als er vor einem Jahr Jüdinnen und Juden auf Instagram ein frohes Lichterfest wünschte. Es war nicht das erste Mal, dass Baerbock bei ihrem Kollegen abgekupfert hatte.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Und vielleicht es auch nur ein peinliches Versehen. Wieder einmal. Womöglich waren ja die Mitarbeiter in der grünen Parteizentrale in Berlin schuld. Ja, vielleicht werden die Social-Media-Accounts von Habeck und Baerbock sogar von ein und derselben Person betreut – einer mit ausgeprägten philosophisch-literarischen Ader. Sollte man nicht zu ihren Gunsten annehmen, dass Baerbock das gar nicht selbst gepostet hat?

TEXTBAUSTEINE Es gab in Deutschland schon schlimmere Staatsaffären als die um und mit Annalena Baerbock. Insofern besteht überhaupt kein Grund zu befürchten, die künftige deutsche Außenpolitik sei in Gefahr, aus der Spur zu geraten. Und traditionell hantiert ja gerade das Auswärtige Amt mit den immergleichen Sprech- und Textbausteinen, welche so nichtssagend und blutleer daherkommen, dass man nicht mal mehr von einem Plagiat sprechen kann. (Um das hier der guten Form halber kenntlich zu machen: Jan Fleischhauer kam als erster darauf, ich zitiere ihn hier nur!)

Sagen wir es so deutlich: Fiele doch endlich mal ein Lichtkegel von guter Rhetorik, klarer Ansprache und präziser Kommunikation auf die Diplomaten am Werderschen Markt!

Natürlich wirft Baerbocks Chanukka-Lapsus ernste Fragen auf. Ist die designierte Außenministerin willens und in der Lage, die richtigen Leute um sich zu scharen? Das Passwort für den eigenen Twitter-Account soll man bekanntlich nicht jedem verraten ...

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Wird sie im neuen Amt nicht erst recht zu einer Geisel des Apparats? Kann Baerbock die Neujustierung der deutschen Außenpolitik gelingen, wenn ihr ständig Anfängerfehler unterlaufen? Wird sie so die Zweistaatenlösung in Israel und »Palästina« in den Grenzen von 1967 durchsetzen können, wie im Koalitionsvertrag skizziert?

TWITTER Vielleicht sollte sich die grüne Spitzenfrau ein Vorbild an Britney Spears nehmen. Die Amerikanerin, die am Donnerstag ihren 40. Geburtstag feiert, endete ihren Hit mit den Worten »I’m not that innocent« und stand damit zu ihren Fehlern. Natürlich ging es in dem Song um Liebe, nicht um Politik oder den Lichtkegel von Chanukkakerzen.

Doch anstatt sich ständig zu entschuldigen und zu rechtfertigen oder von gehässigen »Focus«-Kolumnisten wie Jan Fleischhauer auf Twitter ihr Zitat vom Juli (»Niemand schreibt ein Buch allein«) als »Niemand schreibt einen Tweet allein« persiflieren zu lassen, könnte Annalena Baerbock aus der Not auch eine Tugend machen. Sie könnte offen dazu stehen, dass sie gelegentlich mal bei anderen abschreibt (oder abschreiben lässt). Selbst Britney Spears schrieb ihren Hit »Oops I did it again« nicht selber. Aber wer kennt schon Max Martin und Rami Yacoub?

München

Bayerns Ministerpräsident Söder übt scharfe Kritik am Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu

»Das Gericht hat sich massiv selbst beschädigt«, betont der CSU-Politiker - und gab eine klare Antwort auf die Frage, ob Netanjahu auf deutschem Boden verhaftet werden sollte

 24.11.2024

Gemeinden

Blick auf ein besonderes Jahr

Die Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagte in München. Für große Begeisterung im Saal sorgte die Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder

von Katrin Richter  24.11.2024

Vereinte Arabische Emirate

Chabad-Rabbiner in Dubai vermisst

Berichten zufolge könnte der Rabbiner durch den Iran entführt oder ermordet worden sein

 24.11.2024

Kriminalität

»Schwachkopf«-Post zu Habeck: Jetzt melden sich die Ermittler zu Wort

Ein Mann soll Wirtschaftsminister Habeck im Netz beleidigt haben. Dass dann die Polizei zu Besuch kam, sorgte nicht nur im Umfeld des Vizekanzlers für Verwunderung. Die Ermittler liefern Erklärungen

von Frederick Mersi  22.11.2024

Antisemitismus

Polizei sucht nach Tatverdächtigem vom Holocaust-Mahnmal

Der Mann soll einen volksverhetzenden Text in das dortige Gästebuch geschrieben haben

 22.11.2024

Debatte

Theologen werfen Papst einseitige Sicht auf Nahost-Konflikt vor

Ein Schreiben von Papst Franziskus zum Nahost-Krieg enthalte einen »blinden Fleck im Denken«

 22.11.2024

Debatte

CDU-Ministerpräsident verurteilt Haftbefehl gegen Netanjahu

»Völlig ausgeschlossen, dass ein demokratisch gewählter Ministerpräsident aus Israel auf deutschem Boden verhaftet wird, weil er sein Land gegen Terroristen verteidigt«

 22.11.2024

CDU/CSU

Unionspolitiker: Verhaftung von Netanjahu auf deutschem Boden »unvorstellbar«

Die größte Oppositionsfraktion kritisiert die fehlende Haltung der Bundesregierung

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024