Bundeskanzler Olaf Scholz behält sich auch nach dem jüngsten Urteil des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zur israelischen Besatzung der palästinensischen Gebiete vor, weiterhin Waffen an Israel zu liefern.
»Wir haben Israel Waffen geliefert und wir haben keine Entscheidung getroffen, das nicht mehr zu tun«, sagte der SPD-Politiker in seiner traditionellen Sommer-Pressekonferenz in Berlin. Er fügte hinzu: »Aber wir entscheiden natürlich jedes Mal im Einzelfall.«
Auf die Nachfrage, ob das bedeute, dass Israel damit rechnen könne, weiterhin Waffen von Deutschland zu bekommen, ergänzte Scholz: »Wir haben auch nicht immer alles, was man gern von uns hätte.« Er betonte zudem: »Wir haben nicht entschieden, dass wir keine Waffen liefern. Also werden wir und haben wir.«
Auf die Frage, was Deutschland konkret tue nach einer Aufforderung im IGH-Gutachten, Handel zu unterlassen mit Bodenschätzen oder Produkten aus dem Westjordanland, sagte der Kanzler: »Eine von mir geführte Regierung wird keinen Boykott von Gütern, Dienstleistungen und Waren aus Israel unterstützen. Ehrlicherweise finde ich solche Forderungen auch eklig.«
Nach Auffassung des höchsten UN-Gerichts ist Israels Besatzung der palästinensischen Gebiete illegal und muss so schnell wie möglich beendet werden. Israel verstoße mit seiner fast 60 Jahre dauernden Besatzung gegen internationales Recht, stellte der IGH kürzlich in einem Rechtsgutachten fest. Das Rechtsgutachten ist rechtlich nicht bindend. Dennoch hat es möglicherweise hohe Sprengkraft.
Vermutet wurde, dass das Gutachten auch Einfluss auf westliche Waffenlieferungen an Israel haben könnte. Denn die Richter wiesen sehr deutlich auch die UN-Mitgliedstaaten auf ihre Verantwortung hin. Sie dürften die Besatzungspolitik nicht unterstützen oder den von Israel geschaffenen Status quo nicht akzeptieren.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kritisierte das Gutachten heftig. «Das jüdische Volk ist kein Besatzer in seinem eigenen Land, auch nicht in unserer ewigen Hauptstadt Jerusalem oder in Judäa und Samaria, unserer historischen Heimat«, schrieb er auf X. Und weiter: »Keine noch so absurde Meinung in Den Haag kann diese historische Wahrheit oder das Recht der Israelis, in ihren eigenen Gemeinden in unserer angestammten Heimat zu leben, leugnen.» dpa/ja