Mitt Romney kandidiert für die Republikaner, und der demokratische Präsident Barack Obama lässt seinen Herausforderer ganz lässig kommen. »Laaaaangweilig« nennen meine Studenten so eine Konstellation. Dass der amtierende Präsident in seiner Partei ohne Widerspruch nominiert wird, war in früheren Wahlkämpfen nicht immer selbstverständlich: Die Amtsinhaber Lyndon B. Johnson 1968 oder Jimmy Carter 1980 taten sich beispielsweise schwer, sich bei den Demokraten durchzusetzen.
Erstaunlich unumstritten ist Obama auch in der Gruppe der jüdischen Wähler: Unter allen Kollektiven, die Sozialwissenschaftler zu befragen pflegen, ist prozentual nur bei der afroamerikanischen Bevölkerung die Zustimmung für Obama größer als die 78 Prozent der Juden, die 2008 Obama wählten. Etliche Juden, wenngleich weniger als vor vier Jahren, bleiben über Obamas Verhältnis zu Israel besorgt.
Präferenzen Doch dies führt nicht dazu, ihm die Stimme zu verweigern. Das Wohlergehen Israels ist zwar für amerikanische Juden von sehr großer Bedeutung – wie es auch der viel größeren nichtjüdischen Bevölkerung stark am Herzen liegt, womit sich die USA deutlich von Europa unterscheiden –, und doch ist dieses Anliegen nur Teil eines großen Pakets von Präferenzen, die die jüdische Gemeinschaft in den USA hat.
Barack Obama kann also ruhig abwarten, im Weißen Haus regieren und ab und zu strategisch gut getimte Streifzüge ins Land unternehmen, um für seine Sache zu werben. Im Gegensatz zum kaum beunruhigten Obama führt Mitt Romney sehr bizarre Tänze auf: Er widerspricht vielen Positionen, die er noch vor wenigen Monaten vertreten hat, und er distanziert sich sogar von Maßnahmen, die er als Gouverneur von Massachusetts zu verantworten hatte.
So etwas mag in einem Wahlkampf normal sein, aber in einem fällt Mitt Romney wirklich auf: Während seiner gesamten Kampagne hat er sich peinlich darum bemüht, jeden Eindruck zu vermeiden, er sei allzu gebildet oder gar – Gott behüte! – ein Intellektueller. Wenn man sich den Snobismus in westeuropäischen Auseinandersetzungen anschaut, etwa derzeit im französischen Präsidentschaftswahlkampf, dann mag dieser Versuch, immer die Sprache des »Mannes auf der Straße« zu sprechen, sehr sympathisch sein. Gleichwohl liegt in dem Zwang, jedes Thema so einfach wie möglich zu präsentieren, auch etwas, wenn schon nicht Besorgniserregendes, so doch Erniedrigendes.
Da stellt Barack Obama das Gegenmodell dar: Er bleibt entspannt und lässig.
Der Autor ist Politologe an der University of Michigan in Ann Arbor.