Armin Laschet hat das Ziel, nach dem 26. September ins Kanzleramt einzuziehen, noch nicht aufgegeben – dem aktuellen Umfragetief der Union zum Trotz. Das sei ein besonderer Wahlkampf, meinte der Kanzlerkandidat der Union in der letzten Ausgabe der »Tachles Arena« des Zentralrats der Juden in Deutschland, die an diesem Sonntag ausgestrahlt wurde.
Er empfehle jedem, den Ausgang der Wahl in einer Woche abzuwarten. Am Anfang des Wahlkampfs habe es geheißen, Annalena Baerbock stünde kurz vor dem Einzug ins Kanzleramt, dann sei er selbst als nächster Bundeskanzler gesetzt gewesen, und zuletzt habe eben Olaf Scholz in den Umfragen vorne gelegen. In jedem der Wahlkämpfe sei bereits etwas schiefgelaufen, aber er werde sich in den letzten Tagen vor der Wahl darauf konzentrieren, »über die Inhalte zu sprechen«.
»klare kante« Er habe in den letzten Wochen immer postuliert, »klare Kante« zu zeigen gegen rechts. »Warum lassen Sie einen Herrn Maaßen dann so gewähren? Heißt das für Sie klare Kante gegen rechts?«, wollte BR-Journalistin Ilanit Spinner, die das Gespräch moderierte, von Laschet wissen. Der CDU-Chef bejahte. Seine Abgrenzung beziehe sich auf die AfD. Dass Maaßen in seinem Wahlkreis in Südthüringen von der örtlichen CDU »demokratisch aufgestellt« worden sei, könne er nicht ändern, meinte Laschet.
Er teile viele von Maaßens Aussagen ausdrücklich nicht. »Aber muss man jedes Mal eine Debatte darüber anstellen?« Das werte den Betroffenen doch nur auf. Unter einem Bundeskanzler Laschet müsse sich auch Maaßen an die Vorgaben aus der Zentrale halten. Gegen Vorwürfe, er sei Antisemit, nahm Laschet den ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten jedoch in Schutz. »Würde er sich antisemitisch äußern, wäre das auch ein Grund, innerhalb der Partei anders mit ihm umzugehen«, betonte der CDU-Vorsitzende.
ISRAEL Auch zum Thema Israel als deutsche Staatsräson wurde Laschet befragt. Seine Haltung zum jüdischen Staat sei nicht nur an seinen Worten, sondern auch anhand seines eigenen Lebenslaufs messbar, sagte er. Als 20-Jähriger war der Katholik Laschet mit seinen Eltern erstmals zu Besuch im Heiligen Land, im Rahmen einer Bibelreise, wie er Zentralratspräsident Josef Schuster im Vorgespräch verriet. Die Begegnungen auf dieser Reise hätten ihn geprägt.
In seiner Zeit als Europaabgeordneter vor 20 Jahren habe er auch mit »vielen Resolutionen daran mitgewirkt, um eine israelkritische Haltung, die in Europa weit verbreitet ist, auf eine seriöse Linie zurückzuführen«.
Kritik an Israel sei erlaubt, sie müsse aber sachlich und verhältnismäßig sein.
Auf eine pauschale Ablehnung von Anti-Israel-Resolutionen bei den Vereinten Nationen wollte Laschet sich dennoch nicht festlegen. Kritik an Israel sei erlaubt, sie müsse aber sachlich und verhältnismäßig sein. Sein Eindruck sei, dass Israel in letzter Zeit »überdimensional« hart kritisiert werde, obwohl es doch die einzige Demokratie im Nahen Osten sei.
Die gegen den jüdischen Staat gerichtete Boykott-Bewegung BDS kritisierte Laschet dagegen scharf – und bezog deutlich klarer Stellung als zuvor: »Die BDS-Bewegung ist antisemitisch.« Es sei ein großer Erfolg gewesen, dass der Bundestag 2019 parteiübergreifend einen Beschluss gefasst habe, der dies festgestellt habe. Das gebe vielen Bürgern in Deutschland Orientierung.
BUNDESZENTRALE Von Ilanit Spinner wurde Laschet daraufhin nach seiner Meinung zur Erklärung einer Initiative von Vertretern deutscher Kulturinstitutionen befragt, die die Entscheidung des Parlaments im vergangenen Dezember scharf kritisiert hatte. Unter den Unterzeichnern der »5.3 GG«-Erklärung war auch Thomas Krüger, amtierender Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung. »Wie kann es sein, dass ein hochrangiger Bundesbeamter einen Beschluss des Bundestags so eklatant missachtet und öffentlich zugunsten der antisemitischen BDS-Bewegung Stellung nimmt?«, wollte Spinner wissen.
Laschet wusste wenig zu erwidern. Der Vorgang sei ihm nicht bekannt. Bevor er ein Urteil fälle, müsse er sich die Beweggründe Krügers erst einmal genauer anschauen. Die Bundeszentrale sei aber ein wichtiger Player im Kampf gegen den Antisemitismus, und wenn deren Präsident Krüger – ein DDR-Bürgerrechtler und ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter – dabei gewesen sei, dann sei das nicht akzeptabel.
Andererseits, so Laschet weiter, könne jeder in einem freien Land seine Meinung äußern, auch Kulturschaffende, und Ansichten vertreten, die nicht mit denen des Bundestags übereinstimmten. Bei einer Institution wie der Bundeszentrale sei das aber anders; die müsse das parteiübergreifende Votum des Bundestags zur BDS-Bewegung respektieren, sie werde schließlich auch vom Parlament bezahlt.
DISKRIMINIERUNG Wie auch schon seine Konkurrenten in den vorherigen Ausgaben der »Tachles Arena« zuvor wurde Laschet von Mitgliedern der jüdischen Gemeinden in Einspielern befragt. So wollte der Berliner Rechtsanwalt Nathan Gelbart, der seit einigen Jahren Mandanten in Verfahren gegen Kuwait Airways vertritt, vom CDU-Chef wissen, ob er denn seine Richtlinienkompetenz als Bundeskanzler einzusetzen gedenke, um die Diskriminierung israelischer Staatsbürgern zu beenden. Bislang weigert sich Kuwait Airways, Menschen mit israelischem Pass zu befördern – selbst dann, wenn es sich bei deren Flugziel nicht um Kuwait selbst handelt, sondern lediglich ein Zwischenstopp in dem arabischen Land notwendig ist.
Wie auch schon seine Konkurrenten in den vorherigen Ausgaben der »Tachles Arena« zuvor wurde Laschet von Mitgliedern der jüdischen Gemeinden in Einspielern befragt.
Zum konkreten Fall konnte Laschet nichts beisteuern, er kannte ihn offenbar nicht. Eine diskriminierende Praxis gegenüber Israelis sei jedoch nicht akzeptabel, wenn es sich um Zwischenstopps handele. Sie widerspräche dem Luftverkehrsabkommen. Man müsse gegebenenfalls Änderungen einfordern – »auch, wenn es sich um reiche Länder handelt«, so der CDU-Chef. Ob das eine Frage der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers sei, könne er aber nicht sagen.
NULL-TOLERANZ-POLITIK Die Initiative zum Gedenkjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« lobte Laschet. Er habe sie frühzeitig unterstützt, und sie zeige, wie sehr »Jüdinnen und Juden Deutschland geprägt haben«. Sollte er ins Kanzleramt gelangen, werde er sich für den Schutz jüdischen Lebens einsetzen. Gegen den Antisemitismus habe er eine »Null-Toleranz-Politik«, so der Unions-Kanzlerkandidat.
Auf die künftige Ansiedlung des Bundesbeauftragten für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Felix Klein, im Kanzleramt ließ sich Laschet dagegen nicht festnageln. Bislang ist Kleins Stelle im Innenministerium angesiedelt. Auch beim Demokratiefördergesetz, das der Koalitionspartner SPD gegen Widerstand aus den Reihen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der vergangenen Legislaturperiode nicht durchsetzen konnte, blieb Laschet vage. Der Kampf gegen den Extremismus werde aber auch ohne ein solches Gesetz energisch geführt werden.
Die »Tachles Arena« mit Armin Laschet ist hier zu sehen.