Im Streit um den richtigen Umgang mit dem iranischen Atomprogramm haben sich die Fronten weiter verhärtet. Der Iran kündigte am Dienstag an, in seiner unterirdischen Atomanlage in Fordo im Zentrum des Landes Uran auf 60 Prozent Reinheitsgrad anreichern und dabei einen neuen Typ von Zentrifugen einsetzen zu wollen.
Mohammed Eslami, der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, sagte laut Nachrichtenagentur Isna am Mittwoch, der Schritt sei als Reaktion auf eine Resolution der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) vergangene Woche getroffen worden. Das IAEA-Lenkungsgremium hatte darin dem Iran mangelnde Transparenz in Bezug auf das Atomprogramm vorgeworfen und indirekt mit der Einschaltung des UN-Sicherheitsrats gedroht. Teheran hatte kurz danach mit «angemessenen Gegenmaßnahmen» gedroht.
STATEMENT Deutschland, Großbritannien und Frankreich erklärten gestern in einer gemeinsamen Stellungnahme, für das iranische Nuklearprogramm gebe es «keine zivile Begründung». Irans Schritt berge ein «signifikantes Risiko» einer militärischen Nutzung von Atomtechnologie, und die angekündigten Aktivitäten in Fordo seien »besonders besorgniserregend«, so die Erklärung.
»Dieser Schritt Irans stellt eine Herausforderung für das globale Nichtverbreitungssystem dar. Dieser Schritt, der mit erheblichen Verbreitungsrisiken verbunden ist, hat keine glaubwürdige zivile Rechtfertigung.« Man werde nun, so die drei Regierungen, »gemeinsam mit internationalen Partnern darüber beraten, wie wir am besten auf die fortgesetzte nukleare Eskalation im Iran reagieren können.«
Für die zivile Nutzung der Kernenergie ist ein Reinheitsgrad von rund 4 Prozent ausreichend. Dennoch betont Teheran weiter, sein Atomprogramm sei rein ziviler Natur. Eslami wies Vorwürfe über «Geheimanlagen» im Land erneut zurück. «Die IAEA erklärt einen Kuhstall und einen Schuppen für Altmetall als Standort für eine geheime Atomanlage», sagte der Atomchef weiter. Hintergrund sind Fragen der IAEA zu radioaktiven Spuren an drei bisher nicht deklarierten Standorten. Iran weigert sich seit Jahren, darüber Auskunft zu geben.
Darüber hinaus hat das Regime bereits so viel hochangereichertes Uranium produziert, dass es schon bald in der Lage sein könnte, eine Atombombe zu bauen. Als Vergeltung für die US-Sanktionen hatte Teheran vor zwei Jahren angekündigt, man arbeite an der Anreicherung von Uran auf 20 Prozent. Einige Monate später erreichte eine der iranischen Anlagen schon die 60-Prozent-Marke. Im Rahmen des Abkommens von 2015 hatte die Islamische Republik zugestimmt, die Aktivitäten in Fordo einzufrieren.
WAFFENFÄHIGKEIT Am Montag sagte der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, Aharon Haliva, der Iran stehe kurz davor, zu 90 Prozent angereichertes Uran herzustellen, was allgemein als »waffenfähiges« Spaltmaterial gilt. In einer Rede auf einer Konferenz des Instituts für Nationale Sicherheitsstudien der Universität Tel Aviv erklärte Haliva, der Moment werde kommen, »wenn der Iran die Anreicherung auf 90 Prozent in Erwägung zieht, wenn auch nur symbolisch.« Er sagte, dies werde die bislang größte »Prüfung für die internationale Gemeinschaft« sein.
In Israel wird das 2015 auch mit deutscher Unterstützung ausgehandelte Atomabkommen JCPOA sehr kritisch gesehen. Aber auch andere Aktivitäten bereiten Jerusalem große Sorgen. »Der Iran ist auf dem ganzen Feld aktiv, von der Atomenergie bis hin zu Unruhen«, sagte Haliva und fügte hinzu, Teheran habe sogar in Erwägung gezogen, die Fußballweltmeisterschaft in Katar durch Anschläge zu stören. »Das Einzige, was sie davor zurückhält, ist die Reaktion der Katarer«, betonte er. mth/dpa