Das neue Freiburger Dokumentationszentrum Nationalsozialismus soll nach jahrelangen Planungen und aufwendigen Bauarbeiten im ersten Quartal 2025 öffnen. »Die Baustelle kommt gut voran, die inhaltlichen Planungen für Dauerausstellung und Gedenkstätte sind fast abgeschlossen«, sagte die Zentrums-Leiterin Julia Wolrab.
Das neue Ausstellungs- und Bildungshaus will an Ideologie und Verbrechen des Nationalsozialismus in Freiburg und im Dreiländereck Deutschland, Schweiz, Frankreich erinnern. Unter einem Dach entstehen Ausstellungsräume, ein Gedenkort für die von den Nationalsozialisten deportierten und ermordeten Juden sowie Seminarräume für Bildungsangebote.
»Es geht uns nicht um den erhobenen Zeigefinger, sondern darum, ein echtes Nachdenken über die Geschichte mit dem Ausblick auf die Gegenwart anzustoßen«, sagt Wolrab. Wenn heute über »Remigration« gesprochen werde und Hass auf Juden und Muslime wachse, müsse das ein Weckruf sein.
Gedenk-, Bildungs- und Museumsort
In direkte Nachbarschaft zieht die Landeszentrale für politische Bildung ein. »Wir bilden dann eine Demokratie-WG«, so Wolrab. In dieser Kombination entstehe ein bundesweit einzigartiger Gedenk-, Bildungs- und Museumsort.
Das Dokuzentrum wird an einem historischen Ort in der Freiburger Innenstadt gegründet. Die Nationalsozialisten errichteten hier 1936 ein Verkehrsamt. In die Ausstellung integriert wird der aus der Bauzeit original erhaltene Luftschutzkeller. Ein beklemmender Ort, gerade im Blick auf aktuelle Debatten um deutsche Kriegstüchtigkeit und Katastrophenschutz oder auf die russischen Luftangriffe auf die Ukraine.
In Umbau und Einrichtung des Dokuzentrums investiert die Stadt rund 4,9 Millionen Euro. Der Jahresetat für Personal, Ausstellung und Veranstaltungen wird bei rund 800.000 Euro liegen. Die Planer hoffen noch auf eine finanzielle Beteiligung des Landes. Hier gibt es aber keine klaren Signale. Das Land verweist auf die landesweit rund 80 NS-Gedenkstätten in Baden-Württemberg, die vielfach vor allem durch ehrenamtliches Engagement getragen würden.
Persönliche Auseinandersetzung
In Freiburg hat sich ein Förderverein gegründet, dem unter anderem der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, angehört. Gesucht sind Unternehmen und Bürger, die das Projekt unterstützen.
Zum Konzept gehören auch zahlreiche digitale Informationsmöglichkeiten. So sind in Kooperation mit dem Südwestrundfunk Video- und Audiointerviews mit NS-Zeitzeugen entstanden.
»Wir möchten künftig auch alle Interessierten unterstützen, die im eigenen Umfeld, in der Familie oder in ihrer Straße beispielsweise, Zeugnissen und Geschichten aus der NS-Zeit nachgehen wollen«, sagt Wolrab. Der Besuch im NS-Dokuzentrum solle nicht zu einem lästigen Pflicht-Kurzbesuch werden, sondern echte persönliche Auseinandersetzung ermöglichen. Kurz vor dem Start steht ein anderes Projekt: die App »FreiBuddy« will auf spielerische Art frühere jüdische Orte der Stadt erlebbar machen.
Im Innenhof des neuen Museums wird ein Gedenkort für NS-Opfer eingerichtet. An die Seitenflächen einer würfelförmigen Skulptur werden in Bronzebuchstaben die Namen von Bürgern aus Freiburg und der Region geschrieben, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Dieser Kubus ist begehbar. Fundamentsteine der früheren Freiburger Synagoge, die nur wenige Hundert Meter entfernt stand und 1938 von den Nationalsozialisten niedergebrannt wurde, befinden sich im hinteren Teil des Gedenkraums (außerhalb des Kubus), in Bodenvitrinen eingelassen. Auf diese Weise entsteht ein Raumteil, der dem Gedenken an die zerstörte Synagoge gewidmet sein wird.